Peter Untermaierhofer - Lost Places fotografieren
Von der Vorbereitung über das Shooting bis zur Nachbearbeitung
Inhalt:
Lost Places
Lost Places üben etwas Anziehendes auf viele Fotografen aus. Oft handelt es sich bei diesen „verlassenen Plätzen“ um die Ansicht morbider Ruinen, ehemaligen urbanen Raumes, der nunmehr verrottet und dabei wieder zu seinem ursprünglichen Naturzustand übergeht. Bizarre Immobilien, Innenräume oder Detailaufnahmen von altertümlichen Dingen. Dinge welche im Verfall begriffen sind und trotzdem eine gewisse Schönheit ausstrahlen.
Um diese Schönheit des Verfalls auf ein Foto transportieren zu können, bedarf es weniger der Spontanität, eher der guten Vorbereitung und einer strukturierten Arbeitsweise des Fotografen.
Ob man jetzt diese Spezialität der Fotografie eher der Architektur- oder der Landschaftsfotografie zuschreibt, sie erfordert mehrere spezielle Kenntnisse, die man als Fotograf zuvor kennen und erlernen sollte.
Der Autor
Peter Untermaierhofer ist freiberuflicher Fotograf und hat bereits im Jahr 2013 zusammen mit Thomas Parent den Bildband „Vergessene Orte im Ruhrgebiet“* herausgebracht, in welchem die beiden verlassene Fabriken, Zechen oder andere Industriebrachen dokumentiert haben. In diesem Buch finden sich z.B. das Schiffshebewerk Walltrop, das Stahlwerk Becker (Willich), die Zeche Consol (Gelsenkirchen) oder die Henrichshütte Hattingen, neben den Hallenbädern in Krefeld und in Duisburg-Bruckhausen. Die Lost Places sind im Text kurz kommentiert, ein Lehrbuch stellt es aber nicht dar.
Das Buch: Lost Places fotografieren
Die notwendigen Arbeitstechniken beschreibt nun das weitere Buch Peter Untermaierhofer - Lost Places fotografieren* hier wirklich vertieft und didaktisch sehr gut aufgebaut.
Schon in der Einleitung beschreibt der Autor, welche Details für ihn ein gutes Lost-Places-Foto ausmachen und wie ein solches anspruchsvoll angefertigt werden kann. Welche Fehler dabei gemacht werden können bzw. besser vermieden werden sollten, welche Techniken zu „natürlich“ aussehenden Fotos führen und letztlich, welche abschließende Bildbearbeitung dazu erforderlich ist.
Der Leser findet in diesem Buch Besonderheiten, die Peter Untermaierhofer für ein gelungenes Foto erforderlich hält oder die ihm das Leben als Fotograf einfacher machen. So wird z.B. der Einsatz eines Smartphones oder Tablets als erweiterter Monitor bzw. Displayersatz und als Fernsteuerung für die Kamera beschrieben, was neue und sonst nicht mögliche Blickwinkel ermöglicht.
Ein zentraler Bestandteil des Buchs und ein Anliegen von ihm ist es, seine Sichtweise von einem guten Bild zu vermitteln. Wie man sich eine vorgefundene Location erarbeiten kann, sie lesen und dabei auf Besonderheiten achten kann. Welche Merkmale der aufgesuchten Örtlichkeit ein besonderes Motiv abgeben könnten, welcher Lichtabfall den Ort verändert. Wie man eine natürliche Rahmung des Motivs, Symmetrie, einen Goldenen Schnitt, führende Linien erhält und einen Anschnitt von Objekten, die Kameraeinstellungen, …, die Bild-Nachbearbeitung gestaltet.
Das sind alles Stichwörter, welche in jedem guten Lehrbuch zu finden sind.
Dies ist aber keine „Große Fotoschule“ im Allgemeinen, sondern die jeweilige Thematik wird konkret am Thema eines Lost Places erklärt und durch zahlreiche Bildbeispiele belegt.
Zudem gelungen finde ich, dass der Autor in Serien arbeitet, nicht nur ein eigenes gelungenes Endergebnis zeigt, sondern den Weg dorthin belegt. Über den ersten Test-Schuss hinaus die gegebenenfalls erforderlichen verbessernden Arbeitsschritte, deren fachliche Umsetzung dann textlich und bildlich erläutert wird.
Gerade dieses Bemühen des Autors um die Schulung des Fotografen zu einem guten Blick für gelungene Motive und im Ergebnis zu gelungenen Bildern finde ich erwähnenswert.
Es werden auch Gefahren oder Sicherheitsratschläge nicht vergessen, die jeder beherzigen sollte, der länger verlassene Grundstücke betritt.
Neben der rechtlichen Thematik, Lost Places sind oftmals zwar verlassen, aber immer noch in Privatbesitz und keinesfalls für jeden öffentlich zugänglich, stellt sich eigentlich immer auch die Frage nach dem technischen Ausgleich der vorherrschenden (Licht-) Kontraste, wenn Innenbereiche und Außenbereiche eines Gebäudes im Foto gleichzeitig abgebildet werden sollen.
Das Mittel der Wahl ist die Anfertigung einer HDR-Reihe bei einer Ausleuchtung nur durch natürliches Licht ohne Blitzeinsatz. Dabei geht es gerade nicht um eine Verfremdung oder eine unnatürliche Wiedergabe des vor Ort Gesehenen, sondern um eine möglichst realistische Darstellung der vorgefundenen Verhältnisse.
Auch dieses zentrale Thema des Buches finde ich äußerst treffend gelöst:
Das Schreck-Thema HDR wird detailliert besprochen, von einer negativen übertriebenen bildlichen Entfremdung bis zu einem Einsatz als gelungene Hilfe zu natürlichen Bildern.
Abschreckende HDR-Ergebnisse entstehen oft als Folge in Unkenntnis alternativer Aufnahme- und oder Bildbearbeitungstechniken. Wer sich mit der Objekt- und Innenraumfotografie beschäftigt, wird schnell feststellen, dass reines „natürliches Licht“ unter Verzicht von Blitzlicht die schönsten und natürlichsten Bildergebnisse erzielt.
Nur ein Problem besteht bei diesen Spezialobjekten eigentlich immer: die hohen Kontraste an den Stellen, bei denen durch Fenster oder andere Öffnungen ein Lichtabfall zum Innenraum hin entsteht oder ein Blick vom Inneren des Gebäudes nach Draußen möglich ist.
Vor Ort kann das menschliche Auge diese Helligkeitsunterschiede visuell ausgleichen, eine Kamera ist dazu technisch mit nur einem Bild nicht in der Lage. Die Anwendung geeigneter Techniken, um trotzdem zu guten Bildergebnissen zu gelangen, ist also Pflicht eines jeden Fotografen und nicht nur die Kür eines Profis.
Aus diesem Grunde empfinde ich die hohe Gewichtung dieser Lichtthematik auch als gut und nicht als übertrieben lang.
Das Video zum Buch
Das Photogrist Photo Magazine hat ein paar der abgedruckten Bilder in einem kurzen Video zusammengestellt, so dass man einen schönen ersten Eindruck erhält:
Fazit:
Dieses Buch richtet sich nicht an Anfänger, die noch die Basics der Fotografie erlernen möchten.
Es ist eine detaillierte und schlüssige Arbeitsanleitung für fortgeschrittene Fotografen, die Architektur und Innenraumfotografie betreiben wollen, speziell die der Lost Places - Fotografie. Das Buch regt auch an, sich mit dieser eventuell noch unbekannten Sparte der Fotografie erstmalig zu beschäftigen.
Genau diesen Fortgeschrittenen der Fotografie mit Interesse an Lost Places mag ich das Buch empfehlen; ich habe dazu noch keine bessere Anleitung gelesen. Neben dem gut lesbaren Text gefällt mir die umfangreiche Bilddokumentation zum Verständnis des Erklärten.
Ich finde, es ist insgesamt eine erstklassige Anleitung zu diesem Metier.
Wer sich weniger für ein Lehrbuch, mehr für eine breite Variation von Lost Places - Bildern interessiert, empfehle ich die folgenden Bildbände:
Link: Thomas Kemnitz, Robert Conrad, Michael Täger - Stillgelegt: 100 verlassene Orte in Deutschland und Europa*
Link: Elin Andreassen u.a. - Die Welt der verlassenen Orte / Worlds Lost Places*
Buchdaten:
Format: | Gebundene Ausgabe |
ca. Maße cm (BxLxT): | 27 x 22 x 2 |
Seitenanzahl: | 215 |
ca. Gewicht: | 1100 g. |
Autor(en): | Peter Untermaierhofer |
Verlag: | dpunkt |
Auflage: | 1 |
Erschienen am: | 29.08.2016 |
ISBN: | 9783864903144 |
Preis in (D): | 34,90 € |
Links:
Peter Untermaierhofer - Lost Places fotografieren*
*
Link: Peter Untermaierhofer - Homepage
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