Ich finde die Arbeiten von Andreas H. Bitesnich schon an sich interessant und ich schätze ihn als Meister des Lichts für seinen klaren kraftvollen Stil.
Er zählt für mich zu den besten Aktfotografen, wobei mir neben einer sorgfältigen Ausleuchtung immer wieder seine außergewöhnlichen Figurenkompositionen bzw. Anordnungen der dargestellten Personen auffallen.
Der Fotograf meint über sich selbst: „Irgendetwas in mir sagt mir, dass es kaum etwas Schöneres gibt, als den menschlichen Körper immer wiederzuentdecken“.
Andreas H. Bitesnich komponiert aus einer Person oder einem Paar sorgfältig fast abstrakte Kompositionen und überrascht dadurch immer wieder mit neuen Sichtweisen. Viele seiner Bilder sehen aus wie menschliche Skulpturen und erinnern an Werke aus der klassischen Malerei oder griechischen Bildhauerei. Dieser konsequent reduzierten und grafischen Komposition gewährt er Vorrang vor dem erotischen Moment. Sein Stil Akte mit skulpturalen Charakter zu fotografieren ist unverwechselbar.
Dieser Art der Fotografie kommt sicherlich zugute, dass er nicht nur mit perfekten Modellen arbeitet, sondern überwiegend mit professionellen Sportlern und Tänzern, die diese Formen in seinen Fotografien darstellen können. Gewöhnliche Modelle würden es mit dieser Akrobatik wohl schwer haben.
Für sein erstes Buch „Nudes“ gewann er den renommierten Kodak Photography Book Award.
Die Technik: Polaroids
Dieser großformatige Hardcover Band Andreas H. Bitesnich - PolaNude* aus dem renommierten teNeues Verlag verspricht Interessantes, liegt bei diesem doch die Betonung auf dem ersten Teil des Titels.
Die Bildtechnik ist hier das Ungewöhnliche, handelt es sich doch um ursprüngliche analoge Polaroids. Gezeigt werden 110 Farbfotografien und 96 Schwarz-Weiß-Aufnahmen.
Warum fotografiert(e) man Polaroids?
In unserer digitalen (Foto-) Welt haben analoge Polaroids ihren früheren eigentlichen Sinn und Zweck verloren und der jüngeren Generation der Fotografen ist der ursprüngliche Zweck nicht mehr geläufig. Heutzutage kennen Amateure oder Modelle den Begriff Polaroid nur noch als Aufforderung, ein natürliches und unbearbeitetes Foto an den Fotografen oder eine Agentur zu übersenden. Damit man die Person des Modells vorab quasi „in natura“ beurteilen kann.
In der analogen Zeit musste ein Fotofilm nach der Aufnahme erst noch entwickelt und bei einem Negativfilm gegebenenfalls noch vergrößert, auf Papier abgezogen, werden. Dies dauerte mindestens ein oder zwei Stunden. Gerade bei aufwendigen Produktionen im professionellen Bereich wurden daher vor der eigentlichen finalen Aufnahme Polaroids zu Testzwecken angefertigt. Nur auf diesen konnte der Fotograf die Lichtwirkung direkt vor dem eigentlichen Finalbild ohne Verzögerung noch einmal überprüfen. Eine Ansicht der Motivsituation auf einem Kameradisplay oder gar die Betrachtung eines Histogramms war damals noch nicht möglich.
Der Polaroid-Sofortbildfilm war zwar sehr teuer, aber daher kein Luxus. Er war immer noch billiger als ein komplett fehl belichteter Mittelformat- oder gar Großbildfilm. Gar nicht zu denken an die Kosten eines ganzen verlorenen Produktionstags vom gesamten Fototeam.
Dieser „Sofortbild“-Film hatte sich erst mit dem Aufkeimen der digitalen Technik überlebt, konnte man doch ab diesem Zeitpunkt sein Foto direkt nach der Aufnahme auf dem Kameradisplay oder am Computer beurteilen. Zurückgekehrt sind ähnliche „Sofort-Bilder“ auf Papier erst wieder mit dem Aufkeimen des Interesses einer jungen Generation, welche die analoge Fotografie nicht direkt kennt und nun erstmals ausprobieren möchte. So wurde der momentane Fuji Instax – Hype geboren.
Das Buch: PolaNude
In diesem Buch geht es aber um die Polaroids der noch analogen Zeit.
Diese waren keine unvorbereiteten Fotos, sondern fast finale Endbilder. Alles war für die finale Aufnahme eingerichtet und man wollte nur noch einmal die Belichtung und Bildwirkung testen, quasi das direkt nachfolgende Endbild durch Kontrolle absichern. Lediglich letzte kleine Fehler oder Details wurden danach noch einmal gerichtet und natürlich fehlt die abschließende analoge Bildbearbeitung.
Unmittelbar nach der darauffolgenden finalen Bildaufnahme auf Film hatten die angefertigten Polaroids ihren (Test-) Zweck erfüllt und wurden entweder entsorgt oder auch vereinzelt dem Modell als Geschenk und Erinnerungsstück an das Shooting mitgegeben. Dass ein Fotograf diese aufbewahrte, stellte eher eine Ausnahme dar.
Bei diesem Buch handelt es sich um einen Bildband, die begleitenden (mehrsprachigen) Texte beschränken sich auf eine Einleitung und ein paar Erklärungen. Der Rest des Buchs ist den 206 Bildern gewidmet.
Diese werden in Originalgröße oder teilweise zu mehreren auf einer Seite abgebildet. Das bedeutet zugleich, dass auf den einzelnen Seiten auch Freiraum, „negativer Raum“ zum Atmen der Fotos vorhanden ist. Manche Leser haben sich schon gewundert, dass die Bilder „nur“ so klein seien; es handelt sich um das originale Maß, die Bilder wurden nicht künstlich verändert.
Mit den abgedruckten Fotos hat man zunächst einmal die Gelegenheit, an der vergangenen analogen Zeit teilzuhaben, und diese erlauben einen Blick hinter die Kulissen des Fotografen. Man sieht Fotos ohne abschließende Bildbearbeitung, erkennt den fotografischen Anteil am Endprodukt.
Zwar sind die nachfolgenden finalen Bilder nicht mit abgedruckt, ein direkter Vergleich mit diesen ist daher nicht möglich. Wenn man aber den Fotografen und sein Werk kennt, ist es trotzdem interessant zu erkennen, wie viel bereits in diesem Stadium finalisiert wurde und was erst später noch in einer Nachbearbeitung passiert.
Ich meine, dass das Buch für angehende Studio-Fotografen interessant ist, die sich selbst an der Porträtfotografie versuchen möchten. Bei diesen Bildern hat sich Bitesnich wie bei den vorausgehenden Arbeiten von der bildenden Kunst, insbesondere von Egon Schiele, inspirieren lassen.
Gerade bei den Motiven von Bitesnich kann man die Proportionen der Modelle und das Licht-Set-Up wegen der ausgeprägten Körperlichkeit sehr gut beurteilen, auch wenn in diesem Buch vergleichsweise die Fotos weniger abstrakt und dafür etwas erotischer ausfallen.
Ich finde, es ist ein erstklassiges Buch mit lehrreichen Informationen zu klassischen Posen und passender Lichtsetzung.
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Andreas Kieling & Kilian Schönberger - Sehnsucht Wald
Geheimnisvolle Lebensräume in Deutschland
Inhalt:
Die Autoren:
Das Buch hat mich neugierig gemacht, da Andreas Kieling mir schon durch häufige Presse- und Fernsehtermine mit Naturthemen bekannt war und ich Kilian Schönberger als einen der besten jungen Landschaftsfotografen in Erinnerung hatte.
Kilian Schönberger ist Diplom-Geograf, er arbeitet aber seit 2013 als freier Architektur- und Landschaftsfotograf. Er fiel mir durch seine außergewöhnlichen und stimmungsvollen Fotos auf und hat mittlerweile mehrere eigene Bücher zur Landschafts- und Naturfotografie veröffentlicht.
Hier haben sich nun diese zwei Experten getroffen, um zusammen ein Buch herauszugeben. Anders als von mir zuerst gedacht, hat aber nicht der eine den Text geschrieben und der andere die Fotos beigesteuert.
Ein Blick in das Impressum klärt auf:
Andreas Kieling hat den Text über die Tierkapitel und einige der dort veröffentlichten Fotos beigesteuert und Kilian Schönberger hat die Kapitel über die Jahreszeiten komplett getextet und fotografiert. Entsprechend sind auch im Inhaltsverzeichnis die jeweiligen Kapitel unterschiedlich farblich gekennzeichnet (Schwarz = Kieling / Grün = Schönberger).
Das Buch:
Beide Autoren kenne ich so, dass sie auf ihre Art versuchen, die Wahrnehmung des Zuhörers oder des Betrachters vom städtischen Alltag wieder zurück auf die Natur zu lenken, diese zu schärfen und wieder sensibel für die Schönheit der Natur zu machen.
Was habe ich mir daher von diesem Buch versprochen?
Kein fehlerfreies Lehrbuch über Ornithologie, Fauna und Landschaft, eher sinnliche Eindrücke über die Natur meiner Heimat und Inspiration für eigene zukünftige Ausflüge und Reisen.
Dazu finde ich gerade die etwas hemdsärmelige Herangehensweise von Andreas Kieling stimmig. Er versteckt sich nicht hinter wissenschaftlichen Studien und Vorgehensweisen, ihm scheint es um nahbare und nach-machbare Naturerfahrung zu gehen. Wenn man ihn reden hört, bekommt man gleich Lust selbst hinaus in die Natur und den Wald zugehen, sich ebenfalls für diese Themen zu interessieren.
Kilian Schönberger ist kein Vertreter traditioneller angestaubter Landschaftsfotografie oder gar einer dokumentarischen Fotografie. Er ist ein Vertreter der neuen jungen Generation von Landschaftsfotografen, die Interesse durch Stimmungsbilder wecken wollen. Seine Bilder sind modern, aber nicht ganz so im Instagram-Style wie die Bilder der German Roamers.
Ich bin von diesem Buch hinsichtlich meiner Erwartung nicht enttäuscht worden:
Allein wegen der Fotos lohnt sich der Kauf dieses großformatigen Bildbandes. Es finden sich durchgängig sehr stimmungsvolle Bilder darin, sodass man als Fotograf oder auch als Naturfreund am liebsten direkt selbst dorthin reisen möchte. Dieser Band deckt dabei alle Teile von Deutschland und verschiedenste Jahreszeiten ab.
Ich thematisiere hier beispielsweise das Kapitel über den Winter, da Landschaftsfotografie in der kalten und kahlen Jahreszeit mit am schwierigsten ist:
Zu finden sind grandiose, eher monochrome Fotos (162, 169, 174, 180, 184) und im Gegensatz dazu solche mit überwältigender Farbstimmung (164, 167, 170, 176, 178, 186, 190). Kritiker könnten dabei leicht behaupten, dass die Bilder in der Bild-Nachbearbeitung einfach „eingefärbt“ wurden. Wer sich einmal die nicht unerhebliche Mühe gemacht hat zum Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang Landschaftsfotografie zu betreiben, kennt nicht nur die „Goldene und Blaue Stunde“, sondern auch die magischen 5 oder 10 Minuten des letzten Aufglühens der Sonne, welche die Landschaft noch einmal in eine ganz durchdringende Farbe einhüllt. Dieselbe Landschaft sieht jedes Mal anders aus; mal orange, mal rot und dann wieder purpurn.
Hier hat Schönberger große Mühen auf sich genommen, um derart unterschiedliche und abwechslungsreiche Fotos anzufertigen, bei diesen Witterungsbedingungen zur passenden Zeit vor Ort zu sein. Normale Touristen sitzen dann morgens noch beim Frühstück oder sind abends schon wieder im Hotel.
Genauso interessant finde ich die anderen Kapitel:
Es werden die unterschiedlichen Stimmungen und Jahreszeiten im Wald gezeigt. Für mich persönlich ist neben dem Frühjahr, in dem die Landschaft wieder ergrünt, der Herbst mit seinem kurzfristigen Farbenreichtum am reizvollsten.
Ebenfalls abwechslungsreich ist der Kontrast zwischen den einzelnen gezeigten Regionen, der Unterschied zwischen dem Bayerischen Wald und dem andersartigen norddeutschen Wald. In diesen regionalen Schwerpunkt-Kapiteln liegt ein weiterer Schwerpunkt zusätzlich auf der dort anzutreffenden Tierwelt: einzelne Arten wie Gams, Geier, Luchs, Wildkatze, Wisente und Wölfe werden exemplarisch von Andreas Kieling vorgestellt.
Der Buchtext ist eher ein untergeordneter Teil dieses Bildbandes.
Er ergänzt diesen aber sehr gut und bietet dem Leser weitere Information über die unterschiedlichen Regionen oder deren Besonderheiten.
Ich finde, es ist ein inspirierender Bildband, der Lust auf eigene Entdeckungen in unserer Heimat macht, selbst auf die Pirsch nach eigenen Motiven im Wald zu gehen.
Buchdaten:
Format:
Gebundene Ausgabe
ca. Maße (BxLxT):
27,5 x 29 x 2,5 cm
Seitenanzahl:
240
ca. Gewicht:
1.850 g
Autor(en):
Andreas Kieling, Kilian Schönberger
Verlag:
National Geographic
Auflage:
2
Erschienen am:
28.02.2017
ISBN:
9783866904774
Preis in (D):
50,00 €
Links:
Andreas Kieling & Kilian Schönberger - Sehnsucht Wald*
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In diesem besonders schönen Buch trifft sich Reisen und Wandern mit Natur und Fotografie.
Der Autor:
Cam “Swami” Honan liebt Reisen und Wandern, wenn möglich kombiniert er dies.
So ist dieser Australier nicht nur ein echter „Thru-Hiker“ geworden, wie die Bezwinger der mehreren Tausende Kilometer langen Wanderwege in den USA genannt werden. Das Backpacker Magazin meinte in 2015, er sei “The most travelled hiker on earth" (Der am weitesten gereiste Wanderer der Welt).
Mit Stand des Jahres 2019 ist er über 25 Jahre und mehr als 96.000 Kilometer in 61 Ländern auf sechs Kontinenten dieser Welt unterwegs gewesen.
Das Buch:
„Dieses bemerkenswerte Buch erinnert mich unweigerlich an einen Satz von John Updike: „Die Erde besteht aus vielen Welten, die sich nur für Augenblicke überschneiden““.
Weit-Wanderwege findet man überall, in diesem ungewöhnlichen Band sind davon weltumspannend 32 verschiedene vorhanden. Es werden sowohl moderne Wanderwege als auch uralte Handelspfade auf allen Kontinenten und Klimazonen in Europa, Asien, Afrika, Australien, Südamerika und Nord-Amerika vorgestellt.
„Dieses Buch soll dazu inspirieren hinauszugehen, um sie zu finden.“
Als einziger deutscher Wanderweg ist der 112 km lange „Mahlerweg“ im Elbsandsteingebirge der Sächsischen Schweiz enthalten und mit der Vorstellung dieses Tracks startet das Buch.
Man trifft dabei auf eine surreal anmutende Traumlandschaft mit bizarren Gipfeln und Tälern, bekanntester Punkt wird wohl die Bastei-Brücke zwischen den markanten runden Gipfeln sein. Von der dortigen Aussichtsplattform hat man einen herrlichen Blick über das Elbtal, das berühmte Liliensteinplateau und die Festung Königstein.
Nähe ist zwar relativ, für den deutschen Leser werden wohl sicherlich zumindest die europäischen Wanderwege in Reichweite liegen. Vorgestellt werden dazu weitere traumhafte Pfade wie der „Alta Via 1“ – Höhenweg durch die Alpen nach Italien oder der „South West Coast Path“ („Auf Schmugglers Pfaden“) im Süden Englands.
Andere Wege kennt der Reise- oder Fotografie - Interessierte ganz sicher von den beliebtesten Bildern bei Instagram. Fotos der bunten Terrassenhäuser am „Fünf-Dörfer Weg“ der „Sentiero Azzurro“ am Ligurischen Meer in Italien, des ehemals lebensgefährlichen „Königsweg“‘s, des „El Caminito Del Rey“ in Spanien oder die „Trolltunga“ in Norwegen haben einen großen Wiedererkennungswert, da diese Orte visuell sehr markant sind. Genauso wie die einmalige, aber mittlerweile bekanntere Landschaft in Island, die grünen Terrassen des „Machu Picchu“ - Areals am „Salkantay Trail“ in Peru, oder die des Kilimandscharo in Afrika.
Wer wirklich exotische Gegenden erkunden möchte, findet im Buch auch solche wie den „Annapurna Circuit“ im Himalaya vorgestellt, den „Torres del Paine“ in Chile und andere nicht minder anstrengende und gefährliche, wie den „Kalalau Trail“ auf Hawaii.
Der Buch-Text beschreibt auf rund 250 Seiten alle Wanderwege jeweils aus der Sicht eines Wanderers mit besonderem Hintergrundwissen.
Es finden sich daher zusätzlich abgedruckte Übersichtskarten und Infokästen mit wissenswerten Angaben zu Start-/Zielpunkten, den Highlights, der Saison, des zu erwartenden Wetters, möglichen Unterkünften oder besonderen Tipps.
Das Buch ist großformatig und exzellent was den Druck und die Bindung angeht. Die großformatigen Fotos kommen auf dem offenporigen und dadurch matten Papier sehr gut zur Geltung, die Seiten fassen sich gut an und Finger hinterlassen nicht so schnell Abdrücke.
Der mögliche Verwendungszweck:
Inhaltlich ist es nicht nur eine Art praktischer Kurz-Wanderführer, noch mehr weckt es die eigene Lust auf das Wandern selbst.
Es werden traumhafte ausgebaute Wanderwege beschrieben, genauso wie entlegenere Pfade und exotische Ziele für moderne Entdecker. Für eine persönliche Planung benötigt man jedoch zusätzliche detailliertere Werke.
Der normale Tourist bekommt mit den atemberaubenden Aus- und Einblicken Lust auf einen Besuch in der Ferne, um diese faszinierenden und dabei ganz unterschiedlichen Landschaften selbst zu entdecken.
Der Hobby-Fotograf erhält hier einen tollen Bildband, der inhaltlich ganz im aktuellen luftigen und leichten Instagram-Stil gehalten ist.
Hier findet sich eine hochwertige und moderne Landschaftsfotografie, auch wenn ich persönlich nicht überall immer eine gelbe oder orange Jacke als Eyecatcher sehen müsste.
Dies ist ein tolles und hochwertiges „Coffee -Table – Book“.
Der Fokus von diesem Buch liegt auf dem Reisen mit dem Wandern als Art der Fortbewegung. Quasi ist es ein „spektakulärer Routenplaner für Weitwanderer“, wie Spiegel Online schreibt.
Die Fotografie als Kunst ist bei diesem Buch sekundär, der Zeitbedarf für weltweite Top-Shots wäre dann auch kaum zu bewältigen.
Trotzdem ist das Bildmaterial um einiges frischer als in den üblichen Reiseführern. Die Fotos sind hochwertig ästhetisch und dabei modern, haben den aktuellen Instagram - Chic inne. Düstere Wolken und Herbstlaub spiegeln sich malerisch im Wasser.
So ist es auch als Inspiration und für die Vorbereitung der Fototouren eines Landschaftsfotografen ist es mehr als einen Blick wert. Wer dann selbst loswill, braucht sowieso einen speziellen und ausführlichen Reiseführer.
Der Sinn eines solchen „Coffee -Table – Book“ ist es, dass es sich prima als Geschenk eignet, um dann gegebenenfalls zum Angeben auf dem Wohnzimmertisch präsentiert werden zu können.
Aber dieser Bildband soll auch Spaß machen, er kann wiederholt selbst in die Hand genommen werden, um die ganz unterschiedlichen Touren zu entdecken und von einer eigenen Reise dorthin zu träumen.
Dies ist auch der Anspruch und der passende Leitspruch des „Gestalten“ – Verlags:
„Unsere Entstehungsgeschichte begann mit einem Fokus auf die Ästhetik, … möchte[n] … [die] Community informieren und inspirieren … in die Welt der kreativen Kultur einzutreten.“
Mir hat das Buch genau zu diesem Zweck sehr gut gefallen.
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“Requim For Steam“ bedeutet übersetzt auf Deutsch: Messe, Begräbnisfeier oder Totengedenken für Dampf. Dieser (englischsprachige) Bildband führt den Leser zurück in eine vergangene Zeit, zurück zu den ausgestorbenen Dinosauriern der Eisenbahnzeit Amerikas, den Dampflokomotiven.
Inhalt:
Der Autor:
David Plowden wurde 1932 in Winnetka, Illinois, geboren und bekam als Kind eine kleine Kompaktkamera geschenkt. Damit begann er Eisenbahnzüge zu fotografieren.
Nach seinem späteren wirtschaftswissenschaftlichen Abschluss an der Yale Universität führte ihn seine berufliche Laufbahn zunächst zu einer Eisenbahngesellschaft, der Great Northern Railway, bevor er sich 1958 entschloss, ein Berufsfotograf zu werden.
Das Thema der Eisenbahn ließ ihn auch danach nicht mehr los und er wurde zu dem amerikanischen Fotografen, der durch seine dokumentarischen und detailreichen Fotografien von historischen Dampfzügen, Eisenbahnpersonal, Bahnhöfen, aber auch von kleinen ländlichen Städten und Landschaften des nordamerikanischen 20. Jahrhunderts bekannt geworden ist. Dabei hat er die Veränderungen der Eisenbahn über 50 Jahre lang aufgezeichnet.
Plowden hatte zudem im Laufe seiner Karriere verschiedene Lehraufträge inne, unter anderem an dem renommierten Illinois Institute of Technology, dem Institute of Design, der University of Iowa, der School of Journalism, der University of Baltimore und der Grand Valley State University. 1968 erhielt er ein Guggenheim-Stipendium und 1970 ein Forschungsstipendium des Smithsonian Institute.
Zu späteren Zeiten konzentrierte er sich auf industrielle Bauwerke und Landschaften wie z.B. Eisenbahnbrücken, agrarlandwirtschaftliche Scheunen oder die Bauwerke der Stahlindustrie.
Die Eisenbahn ist jedoch bis heute seine große Leidenschaft geblieben, er durchstreift mit ihr immer noch die nordamerikanische Landschaft und er hat mehr als 20 Bücher veröffentlicht.
Das Buch:
Das 200-seitige Buch David Plowden - Requiem For Steam* bietet zunächst eine rund 25-seitige Einführung über den Autor und seine große Leidenschaft. Die folgenden großformatigen, ganzseitigen Bilder zeigen ebenso das Schwerpunktinteresse dieses Fotografen in den 1960er Jahren: die Zeit der Dampfzug-Ära.
Der Leser findet im Folgenden stimmungsvolle, schon romantisch dramatische Panoramaaufnahmen unterschiedlicher Dampfzüge, deren Technik und Betrieb im Alltag.
David Plowden geht dabei auch nah ran an seine Objekte und zeigt formatfüllende Details dieser Zeit: den Dampf, Ruß, riesige Antriebsräder und andere Details wie das Kohlelager der Lok, den Wasserboiler, Personal bei den notwendigen Betriebs- oder Wartungsarbeiten. Viele der damit verbundenen Berufsbilder, Situationen und Stimmungen bei Betrieb eines solchen Eisenbahnzugs werden gezeigt.
Man findet abgebildet den fahrenden Ingenieur, den Heizer an den Kohlen, den Bremser auf dem Plateau eines Waggons, oder im Umfeld eines Bahnhofs den Zettelanreicher am Bahnsteig, den Weichensteller und das Wartungspersonal mit der Ölkanne in der Hand bei einem Zwischenstopp.
Unter allen Fotos sind jeweils kurze Erläuterungen zum Gezeigten abgedruckt, ausführliche Bildbeschreibungen mit Jahres- und Technikangaben finden sich im Nachgang auf den letzten Buchseiten.
Der zeitliche Schwerpunkt dieser Fotos von Plowden liegt in den 60er Jahren, reicht vereinzelt aber auch bis in die 90er des letzten Jahrhunderts. Wegen der gleichbleibenden Stimmung seiner Schwarz-Weiß-Bilder muss man auf den vereinzelten jüngeren schon genau hinsehen, um modernere Details wahrzunehmen. Ausgestorben sind nur irgendwann die urzeitlichen Dampfzüge mit ihrem markanten Dampfausstoß durch die Verbrennung von fossilen Kohlen, ebenso wie die dafür notwendigen Versorgungstürme mit Kohle und Wasser. Einzug gehalten haben zuletzt die moderneren Dieselloks, die Plowden allerdings hier nicht mehr abbildet.
Die Getreidesilos an den Bahngleisen mögen in den 90er Jahren schon etwas moderner aussehen, andere noch intakte Holzgebäude oder die Schienen unterscheiden sich nicht von den Aufnahmen der 60er und 70er Jahre. Sie zeigen dieselbe Tristesse und Stimmung der amerikanischen ländlichen Landschaft, ihrer Bahnhöfe und der damit verbundenen Industriebauten.
Gezeigt werden nicht die herrschaftlichen Bahnhöfe der Großstädte, sondern die immer allgegenwärtigen Stadtansichten von Kleinstädten oder des ländlichen Bereichs, dessen kleine Bahnhöfe und deren Bahnsteige, Ticket-Verkaufsräume und Wartebereiche.
David Plowden sagte über sich selbst:
„Ich war mit dem Gefühl der Dringlichkeit beschäftigt, die Teile unseres Erbes aufzuzeichnen, die sich so schnell zurückzubewegen scheinen wie der Blick von hinten auf einen sich beschleunigenden Zug. Ich befürchte, dass wir die Beweise für unsere Errungenschaften in der Vergangenheit so schnell ausmerzen, dass wir mit der Zeit das Gefühl verlieren könnten, wer wir sind.“
Er hat sich selbst als "Archäologe mit Kamera" beschrieben, der sein Leben "einen Schritt voraus der Abrissbirne" verbracht hat.
Dieses im Jahr 2010 von David Plowden veröffentlichte Buch ist als Monografie eine Hommage an die ausgestorbene Zeit der Dampflokomotive.
Gleichzeitig ist es, wie die deutsche Übersetzung des englischen Titels andeutet, eine Begräbnisfeier dieser speziellen Ära, welche dieser Fotograf als einer der ganz wenigen vom Anfang bis zum Ende mitbegleitet hat.
Auch wenn man den englischen Einleitungstext nicht lesen bzw. übersetzten könnte: Plowdens wunderbare Sammlung von Schwarz-Weiß–Fotografien zeigt das spürbare Interesse dieses Altmeisters der analogen Fotografie an dem Thema der Dampfeisenbahn.
Zudem aber auch sein gesamtes weiteres Interessenspektrum: Technologie, Landschaft, Bauwerke, Menschen und Berufsbilder seiner Zeit.
Alle Fotos sind durchdacht und mit einem ganz klassischen Bildaufbau gestaltet. Für den Betrachter ist die Wirkung dadurch sehr eindrucksvoll und die Fotos werden im Buch selbst schön mit viel Weiß-Raum umgeben präsentiert.
So schafft es Plowden, seine romantische Begeisterung für dieses Thema zum Betrachter zu transportieren, zeigt dazu in den unendlichen Weiten der USA kleine Lokomotiven mit riesigem Dampfausstoß. Es gelingt ihm dabei klar strukturierte Architekturfotos mit einer ganz eigenen Stimmung zu kombinieren; vgl. z.B. die Seite 179 mit dem Foto der Scranton Railroad Station. Ein traditioneller kleiner Bahnhofsbahnsteig wird als klassische Architekturfotografie abgelichtet, getaucht in eine romantische Licht- und Bildstimmung. Dieses Foto ziert auch das Cover eines seiner anderen Bücher „A Time of Trains by David Plowden“, welches vom Inhalt viele Parallelen und identische Fotos beinhaltet.
Plowden fühlte sich schon bei der Aufnahme seiner Bilder verpflichtet, die allmählich verschwindenden Dinge der Gegenwart fotografisch festzuhalten und somit für die Nachwelt verfügbar zu machen.
Seine Fotos zeigen neben dieser ehrfürchtigen Hommage an die Dampf-Ära somit gleichzeitig die unscheinbaren und vergänglichen Teile des Lebens, mit denen die meisten Menschen aufwachsen. Heute wirken diese Fotos nostalgisch, zeigen ein nicht mehr vorstellbares „Landschaftsbild“, eine in diesem nicht mehr existierende Technik und ausgestorbene Berufsbilder, wie den „Weichensteller“, den „Zettelboten“.
Dieser Fotograf zeigt uns seine Vision, dass in allem Schönheit und Kunst steckt. In diesem Buch stößt man auf Nostalgie, Sentimentalität und Verlustgefühl. Es mahnt dabei gleichzeitig den Betrachter zu unserer aktuellen Zeit aufmerksamer, bewusster und wertschätzender mit unseren alltäglichen Dingen zu sein. Und als Fotograf diese ebenfalls für die Nachwelt zu dokumentieren.
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Das Buch Feyi Demirel - Istanbul'um* ist eine interessante Produktion aus dem Seltmann+Söhne Verlag.
Schon das sehr persönliche Vorwort outet den Autor und Fotografen Feyzi Demirel als Kenner und Liebhaber der Stadt Istanbul.
Der Name des Autors ließ es bereits vermuten, dass es sich hier um einen Kenner der türkischen Nation handelt. Interessanter Weise lebt er als gebürtiger Mühlheimer in Deutschland, besucht die Stadt Istanbul aber regelmäßig seit seiner Kindheit fast jährlich. Dieses Buch beruht überwiegend auf Bildmaterial aus dem Jahr 2015.
"Meine Liebe zu Istanbul ist eine alte. Bereits seit meiner Kindheit kreuzen sich unsere Wege in einem fast jährlichen Rhythmus. Und es sind genau diese anfänglichen Begegnungen, die, obwohl sie sich heute nur noch sehr verschwommen vor meinem geistigen Auge abspielen, meine Zuneigung zu dieser Stadt erst ermöglicht haben: das Meer, nicht aufhören wollende Straßen, eine Symphonie aus Autohupen, mit Chlor durchsetztes Leitungswasser, Katzen, Müllberge an den Straßen und natürlich Onkel Ahmet, das Gesicht meiner Istanbul-Besuche.
Es war mir eine Herzensangelegenheit, das heutige Istanbul für mich und für Sie festzuhalten. Größtenteils bilden etliche Reisen im Jahr 2015 die Grundlage für „Istanbul’um“, meine fotografische Liebeserklärung an diese magische Stadt am Bosporus. Ich hoffe, Sie genießen den Anblick, so wie ich es immer wieder tue."
Mich als Leser, als ehemaliger Besucher der Stadt Istanbul und als Liebhaber der klassischen Istanbul-Fotografie von Ara Güler interessierte, wie ein jüngerer und moderner Kenner die Stadt Istanbul heutzutage porträtiert.
Der kürzlich verstorbene Ara Güler war ein international bekannter Street-Photographie-Künstler, der mit seiner alten Leica Sucherkamera die Stadt Istanbul in Schwarz-Weiß porträtierte. Er war bekannt für seine eher melancholischen Alltagsporträts, die eine ganz besondere reizvolle Stimmung der Stadt zeigten. Eine Stadt im Wandel der Zeit zur Moderne hin, mit ganz typischen Merkmalen, die man dort in der Stadt sieht, alles mit Lichtspielerein, die den Menschen ins Zentrum stellen, ganz nah an ihm dran sind.
Das vorliegende Buch könnte man auf den ersten Blick mit einem Werk von Ara Güler verwechseln.
Nach einer kurzen Einleitung, dreisprachig in Deutsch - Türkisch - Englisch, finden sich 100 hervorragende Aufnahmen Schwarz-Weiss-Fotografien aus der Stadt.
"Menschen stehen in meiner Fotografie im Vordergrund. So bin ich für mein Projekt in die Stadt eingetaucht und habe mich auf die Suche nach Menschen und wertvollen Motiven gemacht", schreibt er auf dem Fotografieblog kwerfeldein.de.
"Wer Istanbul richtig spüren möchte, der muss eintauchen in diese Stadt, dahin, wo sich ihre Seele versteckt. Es sind gerade die traditionsreichen Stadtteile wie die Altstadt, Balat, Tarlabasi, Beyoglu, Kasimpasa oder Kadiköy, die einem ein Gefühl für die Besonderheit dieser Perle am Bosporus geben können – insbesondere, wenn man sich auch den Menschen öffnet."
Viele Alltagsbilder erkennt man auf den ersten Blick wieder, wenn man die Stadt schon einmal besucht hat: den umtriebigen Eingangsbereich zum großen Marktbereich mit Blick auf die Blaue-Moschee im Hintergrund, die Eminönü-Fähre, die mobilen Simid-Verkaufsstände, die man überall über die Stadt verteilt findet.
Spannend fand ich auf den Fotos zu entdecken, wie sich die Stadt in der Zeit seit meinem letzten Besuch vor 15 Jahren weiterentwickelt hat.
Für mich persönlich war damals das Interessanteste der vorherrschende Kontrast der uralten türkischen Kultur, sichtbar in der Architektur- und in der Alltagskultur, bei gleichzeitiger starker Öffnung zur Moderne hin. Insbesondere auf der europäischen Seite von Istanbul; nicht nur verkehrstechnisch trennten die Stadtfähren auf dem Bosporus diesen moderneren von dem anderen Teil Istanbuls auf dem asiatischen Kontinent.
Feyzi Demirels Fotos sind wenig touristisch und mit klassischen, aber heute noch existierenden Motiven. Die alten Fähren, die älteren Passanten könnten auch aus einer alten Zeit stammen, würden sich nicht manchmal die Zeichen der Neuzeit einschleichen: Smartphones, moderne Sneaker oder Over-Ear-Kopfhörer. Der Autor beschreibt mit seinen Bildern den Wandel Instanbuls und versucht ihn auf dem Stand 2015 festzuhalten. Und trotzdem wirken seine Fotos auf mich absolut zeitlos.
Der Buch kommt auffällig rot daher, aber eher unspektakulär ohne Schutzumschlag und aus einem eher glatten Kartonmaterial, der Inhalt macht es aber wett.
Ich mag das Buch und die Bilder.
Feyzi Demirel dokumentiert das Alltägliche und zeigt das in seinen Augen Besondere und Schöne. Alles in S/W und ganz im Stile eines modernen Ara Güler.
Die Fotos erzählen mir eine Geschichte. Die Mikrogeschichten auf dem jeweiligen Bild: beim Friseur, am Brotstand, auf der Fähre, … formen eine runde Foto-Story zu einem Gesamtbild(band), der die Stadt Istanbul im Jahr 2015 dokumentiert.
Ich erlebe die gleiche Stimmung wieder, die dich vorlängerer Zeit selbst in Istanbul verspürte. Die Stadt versprüht immer noch gleichzeitig den Charm von Tradition und Moderne.
Ein tolles Zeitdokument wie ich finde, und für alle Street-Fotografie Liebhaber geeignet!
Ich habe jetzt Lust in den nächsten Flieger zu steigen.
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Fred (Fritz) Herzog, heißt eigentlich Ulrich Herzog und er ist Deutscher.
Er wurde 1930 in der Region von Stuttgart geboren und verließ Deutschland im Jahr 1952 als Seemann, nachdem seine Mutter bereits 1941 und sein im Krieg verwundeter Vater 1946 verstorben war. So kam er 1953 erstmals nach Kanada und nach weiteren Jahren auf See ließ sich dort in Vancouver als medizinischer Fotograf im Jahre 1957 nieder.
Seine erste Kamera hatte er als 20-jähriger bereits 1950 in Deutschland gekauft.
Das Buch: Modern Color
Das Buch Fred Herzog - Modern Color* des deutschen Hatje-Cantz Verlags aus Berlin ist als zweisprachiger Hard-Cover-Band erschienen, im hinteren Buchteil finden sich zusätzlich die deutschen Übersetzungen der englischen Einleitungstexte.
In der Bucheinleitung ist zu lesen:
„Er fand Vancouver entzückend schäbig und farbenprächtig und begann, dies mit seiner 35-mm-Leica festzuhalten.“ „Mehr als ein halbes Jahrhundert lang beobachtete er den Kern der Stadt – wie sie lebte, arbeitete, spielte und sich veränderte.“ „Es ist weder der positive Blick, wie ihn städtische Beamte gern verwenden, noch ist er negativ. Es ist das … Auge des wachen Betrachters“.
In diesem Bildband finden sich neben einem Selbstporträt aus dem Jahre 1959 auch einige wenige Fotos aus den USA, Mexiko oder der Karibik. Die Bildauswahl ist aber analog des fotografischen Schwerpunkts von Herzog ausgewählt, die meisten der hier abgedruckten Bilder zeigen seine neue Heimat Vancouver.
Herzog fotografierte die gewöhnlichen Gebäude und Bürger, ganz alltägliche Szenen und Gegenstände, fertigte zwischen 1961 und 1990 neben seiner Tätigkeit als Universitätsfotograf über 100.000 weitere Bilder in seiner Freizeit an. Das sind rund zwei (analoge) Filme pro Woche, die er nach seiner eigentlichen Arbeit an tausenden Spätnachmittagen oder an Wochenenden aufnahm.
Als ehemaliger deutscher Seefahrer hat er quasi mit den Augen eines Touristen das Disneyland der Arbeiterklasse zum Zeitpunkt der damaligen Zeit fotografiert.
Seine alte deutsche Heimat rund um die Stadt Stuttgart war durch Bomben dem Erdboden gleichgemacht, die Reste verblieben Grau in Grau.
In seiner neuen Heimat findet er überaus bunte Werbeschilder in Geschäften, Lokalen und auf Hausdächern finden sich neben renovierungsbedürftigen Gebäuden. Für ihn war diese üppige Straßenszenerie noch neu, für einen Amerikaner bzw. Kanadier wäre es wohl nicht so spannend gewesen, diese Tristesse und Langeweile mit Kodakchrome in Farbe abzubilden.
„Herzog ist ganz offensichtlich ein Realist, … in seinen Bildern gibt es nichts Erzwungenes. Die Ergebnisse wirken fast mühelos.“ „Als eifriger Leser fühlte sich Herzog besonders hingezogen zu der von ihm selbst so bezeichneten spröden literarischen Objektivität“.
In einem Interview aus dem Jahre 2013 mit der amerikanischen Website „American Suburb X“ sagte Fred Herzog: „Ich nenne Kanada Amerika. Ich spreche über Nord Amerika. Ich differenziere dazwischen nicht viel“.
In beiden Ländern findet er große Autos, riesige Werbetafeln und geschäftige Fußgänger, welche die Aufmerksamkeit eines Street-Fotografen anziehen.
Das Außergewöhnliche:
Besonders beachtlich zu dieser damaligen analogen Zeit: Filmmaterial an sich war ein teures und wertvolles Gut und der neuartige Kodakchrome Dia-Farbfilm ISO 10 kostete noch einmal deutlich mehr als der übliche S/W-Film. Herzog fertigte gelegentlich auch Schwarz-Weiß-Bilder an, wie man im Buch sehen kann.
Seine Begeisterung galt aber den Farben und in seinen Fotos finden sich immer starke Farbkontraste.
Zum Aufnahmezeitpunkt waren Schwarz-Weiß-Fotos generell verbreiteter, eine künstlerische Fotografie wurde ausschließlich in S/W angefertigt, die neuartige Farbfotografie war etwas für Amateure.
Dies ist möglicherweise ein weiterer Grund, dass das farbige Werk von Fred Herzog nicht wirklich bekannt geworden ist. „Erst in den letzten Jahren begann man, Fred Herzogs Fotografien Vancouvers als wichtiges Geschenk zu empfinden“ und heute wird sein Werk mit Walker Evans, Robert Frank und anderen führenden Fotografen des 20. Jahrhunderts verglichen.
Auch in der Bucheinleitung werden einige von Herzogs Bildern denen anderer bekannter Fotografen gegenübergestellt. Es finden sich viele Parallele, auch wenn diese Fotografen sich bzw. das Werk des anderen nicht kannten. Herzog fotografierte überwiegend mit der Leica M-3 Sucherkamera, seine Lieblingsobjektive waren neben einer 50-mm-Normalbrennweite das Hektor 4,5/135mm. Er betrieb Street-Photography und verwendete seine kleine diskrete Kamera häufig aus der Hüfte heraus und dabei vorfokussiert mit der Fokusfalle, um an unbemerkte Straßen-Aufnahmen zu gelangen.
Er wartete auch wie Henri Cartier-Bresson ganz bewusst auf den „entscheidenden Moment“, wie man z.B. an seiner Serie auf der Seite 192 und 193 sehen kann. An einer Straßenkreuzung, beleuchtet durch einen speziellen schmalen Lichtstreifen mit goldenem Licht, passt er mehrmals einen einzelnen Passanten ab, um vom Bildaufbau her gesehen, diesen und seinen frontal fallenden Schatten, an der idealen Stelle abzulichten.
Andere seiner Fotos spielen mit der verbindenden Fokusebene von gezeigter Architektur, Wanddekor und lebender Person. So befinden sich z.B. bei einer Aufnahme in einem Friseurgeschäft die an der Wand gezeigten Beispielfrisuren genauso in der Fokusebene, wie die durch die Schaufenster gezeigte, auf dem Bürgersteig spazieren gehende Person. Dieser Stil ist wiederholt festzustellen.
Was könnte aber nun dieses Geschenk an die Stadt Vancouver darstellen, welche „spezielle Leistung“ könnte dieser Fotograf erbracht haben?
Eine mögliche Antwort ist: Seine „Modern Color“ - Bilder waren zur damaligen Zeit etwas Neuartiges und stellen dadurch heute eine Rarität dar.
„Wer unbedingt Farbe aus der guten alten Zeit anschauen möchte“, kann dies hier nun tatsächlich tun. Und das noch auf Kodakchrome Farbdiapositiven mit einem überaus reichen Farbspektrum, welches damals nur mittels eines Dia-Projektors wahrnehmbar war. Die üblichen Cibachrome-Papierabzüge oder andere Druckverfahren konnten diesen Farbreichtum nicht abbilden. Jetzt sind diese Dias erstmalig vergleichbar einer Projektion durch moderne digitale Scans reproduziert.
Der Anlass von Herzogs Fotografie war zudem intrinsisch, er hatte weder einen Auftrag von Dritten, noch musste er eine gewünschte Sichtweise abliefern. Herzogs Fotografien ermöglichen einen anderen, weil ungekünstelten Blickwinkel auf die Stadt, den Alltag und das Leben in ihr, sind dadurch auch ein Teil der Stadtdokumentation geworden. Sein fotografisches Werk ist daher auch von sozialem Interesse für die Stadt Vancouver.
Die Bilder von Fred Herzog waren in Kanada zwar bekannt, große Aufmerksamkeit erhielt er aber erstmals im Jahre 2007 als bereits 77-Jähriger durch eine Ausstellung der Vancouver Art Gallery.
Ich habe das fotografische Werk von Fred Herzog das erste Mal auf einer Ausstellung des C/O Berlin im Zeitraum 6.11.2010-9.1.2011 entdeckt.
Der damalige Ausstellungsband, ebenfalls aus dem Hatje Cantz Verlag, ist mittlerweile vergriffen. Dieses Buch ist jedoch eine schöne Alternative.
Manche seiner Fotos wirken auf den ersten Blick wie Schnappschüsse. Schaut man etwas genauer hin, entdeckt man recht schnell, dass seine Bilder gestaltet sind. Sei es durch bewusst eingesetzte Kontraste, Linienführung, oder durch die getroffene Bildaussage. Es lässt sich die Sozialkritik eines außenstehenden Betrachters entdecken, teilweise auch wohl kulturelles Unbehagen.
Nordamerika und Kanada muss für ihn als Einwanderer noch ungewöhnlicher, als für einen dort Geborenen gewirkt haben.
Das Leben der fünfziger, sechziger und teilweise siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts bestand nach den Zerstörungen der alliierten Bomberflotten nicht nur in Europa, sondern auch in den USA oder Kanada aus Tristesse und Kontrast. Einem Kontrast von Alt und Neu, Verfall und Aufblühen, Tradition und Moderne. So zeigen Herzogs Fotos Schmutz, abblätternde Farbe, verrottete Gebäude neben Neuwagen, moderne Amüsierviertel und bunter Neonwerbung. Besonders häufig werden Barber-Shops auf den Bildern festgehalten.
Entweder mochte Fred Herzog diese besonders oder er zeigte sie als Treffpunkt und Spiegelpunkt des aktuellen Lebens. Neben den Menschen in ihrer zeitgenössischen Kleidung, lassen sich in diesen aktuelle Werbung, andere Auslagen und Werbebotschaften entdecken. So bildet er auf den Wänden den aktuellen Zeitgeist des Jahres 1971 mit einem Bild der „Big Four“ (Churchill, Chiang Kai-Shek, Roosevelt, Stalin) oder von Martin Luther King ab.
Andere Fotos zeigen entrückten Tourismus, Touristen mit greller bunter Kleidung im Grand Canyon oder überbordende Farbigkeit der damals modernen blinkenden Neon-Reklameschilder. Vancouver zu diesen Jahren war mit seinen Werbeschildern, der Kleidung, den Autos schon damals bunt. Diese Farbigkeit kam erst mit einiger Verspätung durch das Wirtschaftswunder in Europa an.
Und Fred Herzog war einer der ersten, der diese Farbigkeit konsequent mittels Farb-Fotografie dokumentierte.
Seine als Einwanderer automatisch eingenommene Außenseiter-Sichtweise wird verstärkt durch seine so geschätzte „spröde literarische Objektivität“.
Seine Fotos erinnern mich an die realistische Malerei des amerikanischen Malers Edward Hopper, weltweit bekannt z.B. durch seine Bilder „Nighthawks“ (1942), „Chop Suey“ (1929) oder „Early Sunday Morning“ (1930). Genauso wie bei diesem finden sich in Herzogs Bildern häufig Fenster- oder Straßen-Szenen mit hochkontrastreicher Lichtszenerie.
Beispiele sind Herzogs Selbstporträt, die schon angesprochene Straßenszene auf Seite 192 und viele weitere. Beide schufen klare und figurative Bilder, die durch einen unterkühlten Stil etwas rätselhaft wirken und durch eine distanzierte, voyeuristische Perspektive dabei quasi objektiv einen Blick auf den aktuellen Zeitgeist ermöglichten.
Mir persönlich gefällt es sehr, in seinen Bildern die einzelnen Details der damaligen Zeit aufspüren. Man in seinen Bildern visuell herumwandern und skurrile Details, Alltagsgegenstände oder Werbebotschaften eines anderen Zeitalters entdecken.
Ob Herzog jetzt dafür ein besonderes Auge hat oder nicht, das Entdecken der Details vergangener Zeiten ist für unsere Generationen schon wieder spannend. Wie sah es damals aus, mit was umgaben sich die Menschen in Ihren Räumen, was hing an der Wand,… . Und Farbaufnahmen erleichtern dabei die Wahrnehmung dieser Details und solcher historischen Kontraste. Viele dieser Straßenzüge und -Kreuzungen Vancouvers existieren bis heute, ihre Ansicht hat sich jedoch drastisch gewandelt.
Vergleicht man den heutigen Anblick mit den alten Fotos, ist man erstaunt über die damalige Mode und Architektur oder über drei Stockwerke hohe Leuchtreklame bei einem vierstöckigen Gebäude des Astor Theaters Studios. In dem bis heute existenten Gebäude findet man nun die Fa. Starbucks.
Mit den eigenen Worten von Fred Herzog (Interview mit der Vancouver Sun, 2005):
„Mir war bewusst, dass ich Kunst aufnehme. Das war aber die Einbildung eines jungen Menschen. Ich wusste, dass das, was ich tue, nicht einzigartig ist, aber eines Tages würde ich damit herauskommen und die Menschen schockieren“.
Man könne auch die weitere Schlussfolgerung ziehen: Lasst uns unseren Alltag abbilden, selbst wenn dieser für uns vermeintlich langweilig wirkt.
Für spätere Generationen wird dieser Alltag „die gute alte Zeit“ sein!
Beim Bildband selbst fand ich – gerade unter Berücksichtigung des Kaufpreises – die Qualität sehr gelungen. Dieser Bildband zeigt 230 interessante Aufnahmen, hat eine tolle Papier- und Druckqualität.
Ich finde, er stellt einen schönen Schmuck für die Bibliothek eines jedes Fotografie-Liebhabers dar.
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Instagram gedruckt; altbekannte Naturfotografie im neuen jungen Stil:
Das Buch German Roamers - Deutschlands neue Abenteurer* aus dem Dumont Verlag polarisiert, entweder man wird es lieben, oder nicht.
Dies fängt schon mit dem Titel an, was sind die „German Roamers“ überhaupt; German „What“?
Als Anglizismus könnte man es als Deutsche Wanderer oder auch als deutsche Vagabunden, Herumstreicher, Umhertreiber übersetzten. Auf ihrer Homepage, übrigens überwiegend in englischer Sprache, bezeichnen sie sich als: „A CONSORTIUM OF EXPLORERS - ROAMING GERMANY AND THE REST OF THE WORLD“.
Mitglieder:
Johannes Höhn @pangea Johannes Becker @hannes_becker Max Münch @muenchmax Daniel Ernst @daniel_ernst Patrick Monatsberger @moners Asyraf Syamsul @asyrafacha Maximilian Fischer @iamarux Leo Thomas @theolator Roman Königshofer @rawmeyn Jannik Obenhoff @jannikobenhoff Jannik Heck @jannxyz Remo Jacobs @livingitrural Lennart Pagel @lennart David Kollmann @davidnkollmann
#weroamGermany
Dieses gedruckte Buch bietet nun zusätzlich auf den ersten Seiten eine rund zehnseitige Einleitung und eine Vorstellung des Kollektivs an sich und der einzelnen Teammitglieder, welche zudem jeweils in mehrseitigen „10-Fragen-an“-Kapiteln noch einmal einzeln als Individuum zu Wort kommen. So bietet das Buch einen besseren persönlicheren Eindruck und einen höheren Informationsgehalt als Instagram oder die gemeinsame Homepage.
14 junge Fotografen trafen sich vor einiger Zeit auf einer hippen Internet-Plattform, um „das Potenzial der besten deutschen Outdoor-Fotografen auf Instagram zu bündeln. So möchten sie zum einen auf die wunderbare Natur Deutschlands aufmerksam machen und zum anderen einen Ort für Inspiration, Austausch und Community schaffen“. Diese Instagram-Community ist nun mal international und folgerichtig kommuniziert man dann primär in Englisch.
Zudem „spielt die Qualität der Fotografie eine zentrale Rolle. Alle Mitglieder verkörpern auf ihre Weise zum Zeitpunkt der Bucherscheinung neuartige Bildsprache, die man in der klassischen Landschaftsfotografie eher nicht findet. Es geht darum in den Bildern Leidenschaft und Authentizität zu transportieren, eine Verbindung zum jeweiligen Motiv aufzubauen und neue Wege zu gehen - im wahrsten Sinne des Wortes. So möchten die German Roamers als ein Kollektiv wahrgenommen werden, das es versteht, die Welt um sich herum in erstklassigen, einzigartigen Bildern festzuhalten. In Deutschland genauso wie allen Ländern dieser Erde“.
So wurde aus jugendlichen Hobbyfotografen im Jahr 2015 ein loser Zusammenschluss unter dieser Bezeichnung „German Roamers“, welcher mittlerweile eine Marke darstellt. Dieser Kreis hat nun eine eigene Homepage, ist fotografisch weltweit unterwegs, aus dem Kollektiv sind mehrere als Profi-Fotograf und Markenbotschafter diverser Industriezweige unterwegs.
Die Fotos zeigen die Schönheit Deutschlands und halten eine Reiseerinnerung der Fotografen fest. Die Szenerie ist altbekannt, war aber in kollektive Vergessenheit geraten. Und die Deutschen reisten lange Zeit lieber ins ferne Ausland, die hiesige Saarschleife, die Eifel oder Schloss Neuschwanstein war eher etwas für ausländische Besucher.
Wenn der Normalo morgens vor Sonnenaufgang noch im Bett liegt, bzw. abends schon im Hotel beim Abendessen sitzt, ist ein Naturfotograf unterwegs um Bilder zu machen. Wer dies ernsthaft betreiben möchte, ist vor Sonnenaufgang bereits auf dem Berg und stundenlang marschiert. Noch besser hat man im Zelt vor Ort campiert, seine Kamera bereits am Tag zuvor noch im Tageslicht vorbereitet, das Motiv gesucht und die Aufnahme für den folgenden Tag geplant.
Vor den Jahren bis 2015 dominierten in der Landschaftsfotografie etablierte, durch die Bank ältere, Fotografen mit einem bis dahin klassischen Bildstil. Es herrschte im Bild viel Grün im Kontrast zum blauen (meistens wolkenlosen) Himmel vor, Personen kamen im Bild eher nicht vor. Hier erlangt man nun einen frischen Blick auf die vielgesehene und dadurch etwas langweilig gewordene deutsche Szenerie. Dieser Bildstil ist ganz anders. Viele Bilder zeigen dramatische Wolken, welche zu Schlechtwetterzeiten vorherrschen. Man sieht Winterbilder mit diesigem Nebel oder Schnee, Kontrast bringt eine Person mit gelber oder orange Jacke, ein von innen angeleuchtetes Zelt hinein. Die Farben sind entsättigt und haben einen flacheren Vintage-Look.
Eine Person mit Rückenansicht bringt oftmals zugleich einen Größenmaßstab mit ins Bild hinein, lässt die Dimension der Landschaft erst erfassbar werden. Dieser Effekt wurde natürlich nicht erst im sozialen Fotonetzwerk erfunden. Das wohl bekannteste Vorbild stammt von der Ikone der deutschen Romantik, vom Maler Caspar David Friedrich, es ist sein Wanderer über dem Nebelmeer aus dem Jahr 1818. Und die Bilder der German Roamers sind romantisch; die Fotografie ist eine subjektive Interpretation. „Es geht darum landschaftliche Schönheit selbst bei schlechtem Wetter zu erkennen.“ „Bei blauem Himmel fühle ich mich nicht wohl. Um es mit der Musik zu vergleichen: Moll macht mich glücklicher als Dur“.
Auch wenn die genannten Zitate nicht alle von einem einzigen Fotografen kommen, der Bildstil der German Roamers ist ähnlich und er trifft den aktuellen Geschmack der jungen Betrachter, wie über 300.000 Abonnenten auf Instagram und diverse Aufträge von Tourismusverbänden bezeugen. Der hippe Instagram-Rahmen dient vielen Nutzern zur Planung des eigenen Urlaubs. Man kann durch das Betrachten fast automatisch ins Träumen kommen und dabei denken: Wie schön wäre es, wenn ich dort jetzt wäre?! Viele Touristen suchen den Urlaubsort sogar danach aus, ob er „instagrammable“ ist, die eigenen Fotos sich erfolgreich ins Netz stellen lassen.
Damit der interessierte Foto-Anfänger sich von den tollen Fotos nicht entmutigen lässt, eigene Bilder aufzunehmen, erfährt der Leser auf acht Seiten am Ende des Buches noch die „besten Fototipps“ der German Roamers.
Fazit:
Das Buch ist hochwertig, auf offenporigem und mattem Papier gedruckt, was sehr gut zu dem entsättigten Bildstil passt. Daher hinterlassen Fingerabdrücke auch nicht so schnell offensichtliche Spuren im Buch.
Ich persönlich finde die ganz unterschiedliche deutsche Landschaft interessant und habe schon viele Spots selbst besucht. Wenn diese Bilder und das Buch junge Leser animieren, selbst nach draußen zu gehen, die Deutschen Landschaft und deren Schönheit zu entdecken, ist schon damit allein ein großer positiver Effekt erzielt.
Auch wenn ich schon fast doppelt so alt wie der durchschnittliche „German Roamer“ bin, gefällt mir der Bildstil sehr gut. Der Look ist einfach frischer als der althergebrachte Stil eines Fritz Pölking, ohne dessen Verdienste als Landschaftsfotograf herabwürdigen zu wollen. Fotografie ist subjektive Kunst, erlaubt ist was gefällt. Mir gefallen die gezeigten Bilder und ich habe beim Lesen wieder selbst Lust bekommen, die noch nicht besuchten Orte persönlich „zu entdecken“.
Letztlich: diese Bewegung junger Fotografen hat in den letzten Jahren eine ganze Schar neuer, ambitionierter und ebenfalls sehr junger Fotografen nach sich gezogen, welche sich nun ebenfalls an den alten Motiven versuchen. Dadurch ist die bis dahin etwas angestaubte Landschaftsfotografie-Szene endlich wieder lebendig geworden. Dieses Thema an sich findet wieder mehr Beachtung und ganz unterschiedliche frische Stile sind nun parallel zu betrachten.
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Ian Shive ist ein amerikanischer Naturfotograf, der auch als Film- und Fernsehproduzent arbeitet. Zudem bietet er in den USA Workshops für Landschaftsfotografie an und hat entsprechende Online-Kurse (auf Englisch) veröffentlicht.
Da er unter Amerikas Naturfotografen fast so bekannt ist, wie Art Wolfe oder John Greengo, hatte ich fünf Kurse von ihm bereits belegt,
Das Buch:
Was erwarte ich also von der deutschen Ausgabe seines Buches Ian Shive - Die Nationalparks der USA*, hier verlegt im National Geographic Verlag?
Meine Erwartung an das Buch:
Zunächst einmal einen großformatigen Foto-Bildband in guter Qualität zu erhalten, was Bindung und Druck angeht.
In dieser Hinsicht wird meine Erwartung auch nicht enttäuscht. Dieses rund 240 Seiten starke Buch kommt dem Preis angemessen akkurat und stabil gebunden, hochwertig im Druck und mit einem Schutzumschlag daher.
Der Titel verspricht als Inhalt „Die Nationalparks der USA – Vom Yellowstone bis zu den Everglades“.
Das Inhaltsverzeichnis klärt auf, dass die einzelnen Kapitel einen Schwerpunkt auf den Acadia-, Yosemite-, Yellowstone-, Great-Smoky-Mountains-, Everglades-, Glacier- und den Grand-Trenton – Nationalpark legen.
Im gesamten Band ist nur wenig Text zu finden, es sind jeweils kurze Einleitungen zu den einzelnen Kapiteln vorhanden und das restliche Buch besteht aus großformatigen, häufig doppelseitigen Bildern. Dies ist auch kaum verwunderlich, die USA sind ein riesiges Land mit zurzeit 59 Nationalparks und man könnte einen dicken Band über jeden einzelnen dieser großen Parks herausbringen. Zudem ist Ian Shive bekannt als Top-Fotograf und nicht als Landschaftsautor.
Deshalb habe ich hier vornehmlich ein Portfolio (-Buch) von ihm erwartet, eine Zusammenstellung seiner besten Fotografien in gedruckter Form.
Der Stil dieses Fotografen:
Genau unter dieser Erwartungshaltung nehme ich das Buch in die Hand und bin schon nach dem ersten Durchblättern begeistert.
Es lassen sich viele bekannte Foto-Spots der USA wiederfinden, welche über das ganze Land verteilt sind. Entweder ist schon das Motiv so außergewöhnlich, dass man es nach einmaligem Sehen sofort wiedererkennt, oder die Fotos anderer Fotografen davon haben Weltruhm erlangt.
Der immer noch weltweit berühmte Fotograf Ansel Adams ist mit seinen und für seine Schwarz-Weiß – Fotos vom Half-Dome und dem El Capitan im Yosemite oder dem Mount McKinley (Denali) bekannt geworden.
Shive fotografiert überwiegend in Farbe und im Stil, wie es das Titelbild bereits andeutet: er mag es kontrastreich und stark farbgesättigt.
Selbst wenn man als Fotograf weiß, dass jedes Motiv im ersten oder letzten Tageslicht in ganz unterschiedlichen Farben leuchten kann, so geht Shive mit seinen Fotos fast immer bis an die Grenze des abbildbaren bzw. druckbaren Spektrums.
Gerade bei manchen Motiven mit einem orange-blau Kontrast bin ich schon versucht, an Kontrastkanten nach Halo-Rändern zu suchen. Wenn ich einen Kritikpunkt an diesem Band bzw. den Bildern habe, dann, dass ich persönlich die Farben in der Bildbearbeitung etwas gemäßigter ausgearbeitet mag.
Dies ist aber eine reine Sache des Geschmacks, auch Ansel Adams hat in der (analogen) Nachbearbeitung die Kontraste bis an das Limit gezogen, selbst wenn er in schwarz-weiß gearbeitet hat.
Ein zweiter kleiner Kritikpunkt ist, dass ich mir die Fotos im Buch geografisch geordneter gewünscht hätte.
Hier sind die Bilder nach einem mir nicht ersichtlichen System geordnet. Es sind Fotos von der kanadischen Grenze neben solcher südlichen Region abgebildet.
Besonders positiv ist mir aufgefallen:
Ian Shive ist ein hervorragender Fotograf ist; seine Bilder sind durchweg alle wohl gestaltet.
Beim Betrachten seiner Fotos kann man lernen, was die Schlüsselfaktoren dieser Bilder sind:
Die Herangehensweise an das Motiv (das Arbeiten mit verschiedenen Standpunkten), Komposition der Elemente im Bild, Arbeiten mit dem natürlichen Licht (Wahl des richtigen Aufnahmezeitpunkts für eine interessante Beleuchtung), Erzählen einer Geschichte (Wecken von Emotionen).
Zusätzlich zeigt dieser Bildband einen, wenn auch nicht repräsentativen, Querschnitt der gesamten Bandbreite der ganz unterschiedlichen Naturlandschaft der USA.
Durch die riesige Weite und eine Ausbreitung über verschiedene Klimazonen lassen sich monumental hohe Berge schneebedeckt mit grünen Tälern, dürre Gegenden mit gelb-orange Felswüsten und Kakteen, bis zu reinen Wüstenregionen mit weißem Sand entdecken.
Auch als Nicht-Fotograf wird man sofort Lust verspüren, in die USA zu reisen.
Und nicht wie oftmals wegen der Städte, sondern wegen der beeindruckenden und abwechslungsreichen Naturlandschaft, die man auf diesen Fotos kennengelernt hat. Für das eigene Entdecken der verschiedenen Parks wird eine einzige Reise wohl nicht reichen. Aber man kann ja schon mal die Ziele herauspicken, welche einen besonders ansprechen.
Die grandiosen Bilder dieses Buchs zeigen die unglaubliche Bandbreite der amerikanischen Landschaft.
Ich finde das Buch lehrreich und spannend für Fotografen, was die Bildgestaltung angeht. Und ebenso interessant für Freunde der nord-amerikanischen Natur.
Beide Zielgruppen können sich inspirieren lassen und bekommen so eine gute Vorbereitung für einen Besuch in den USA. Oder sie haben danach zumindest neue Reiseziele auf der Bucket - List.
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Mario Carnicelli ist Italiener, Jahrgang 1937 und lebt bis heute in Italien.
Er kam durch das Fotogeschäft seiner Familie erstmals in Kontakt mit der Fotografie und als junger Mann fotografierte er schließlich selbst, nahm an Fotowettbewerben teil und gewann einige Preise. Er war fasziniert von Edward Hopper, Faulkner, Steinbeck und Family by Man. Carnicelli nahm seine Fotos mit Mittelformat- und 35mm-Kameras sowohl in Schwarz-Weiß als auch in Farbe auf, die meisten davon in Italien.
In den Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts gewann er als 29-Jähriger bei einem Fotowettbewerb der Zeitschrift „Popular Photography“ ein vierwöchiges Stipendium in den USA, gesponsert von den Firmen Mamiya und Pentax. Dies ermöglichte ihm 1966 seine erste Reise nach Amerika. Auf seiner vierwöchigen Tour quer durch die amerikanischen Staaten besuchte er dabei die Städte Detroit, Washington D.C., San Francisco, Buffalo, New York und Chicago.
Dieser vorliegende Band Mario Carnicelli - American Voyage* dokumentiert Carnicellis Reise in die USA und seinen ganz persönlichen und humanistischen Blick auf das Land und die Gesellschaft zu dieser Zeit.
Er fotografierte dabei die amerikanische Kultur als europäischer Außenseiter mit einem humanistischen Ansatz. Eine reine Abbildung von Stadtansichten und der Architektur reichte ihm nicht. Er sagt über sich selbst, dass sein Hauptsubjekt auf Bildern immer eine Person sei und Menschen sich durch ihren Ausdruck, ihre Kleidung und ihre Art sich zu bewegen offenbaren. Man verstünde augenblicklich, wo sie herkommen und wo sie hingehen. „Fotografie ist meine Sprache“, sagte er, „mein Subjekt ist die Person, das Menschliche.“
Carnicelli war begeistert von der sorgenlosen Mentalität, dem Happy-Go-Lucky-Spirit und dem überwältigenden Mix und Charme der unterschiedlichen Kulturen. Als Europäer erschienen ihm die USA vor seinem ersten Besuch als ein magisches Land, in dem alles möglich war, selbst ein Aufstieg vom Tellerwäscher zum Millionär.
Seine Fotos dokumentieren neben den zu dieser Zeit aktuellen Moden und Gefühlslagen, den oft schwierigen Versuch der Menschen, diesen amerikanischen Traum zu leben. Schon bei seiner ersten Reise entdeckte er auch die Kehrseiten dieses Traums: „Die Realität wich stark von dem ab, was ich mir vorgestellt hatte.“ Zwar war im Jahrzehnt zuvor die Rassentrennung mittlerweile untersagt und das Wahlrecht für Schwarze eingeführt, jedoch stellte Carnicelli noch eine starke Diskriminierung im Alltag fest. „Die Menschen wirkten einerseits so frei, andererseits so unendlich einsam. Das ganze Land war extrem widersprüchlich“, sagte Carnicelli.
Zudem empfand er Amerika angefüllt mit Individuen, einzelnen Personen, getrennt von dem ihm bekannten Familienleben in Italien. Verglichen mit seinem Heimatland, der dortigen homogenen Kultur und Eingebundenheit in Familien, stieß er in den USA neben einem kulturellen auf einen sozialen „Melting Pot“ mit Klassengegensätzen, bei denen der Unterschied zwischen Arm und Reich stark ausgeprägt war.
Mario Carnicelli hat ein sehr gutes Auge für Kontraste, sowohl für fotografische Farbkontraste als auch soziale Kontraste, auch wenn er sagte, die Bilder seien stets zu ihm gekommen, „als wenn sie mich gesucht hätten“. „Eine gute Aufnahme passiert einfach, genau wie die Liebe. Wer sie sucht, der scheitert“ sagte er über seine Arbeitsweise.
Mal zeigt ein Bild einen älteren dunkelhäutigen Mann mit grimmigem Gesicht, der vor einem Schaufenster ausgefüllt mit nur weißen Krankenschwester-Kitteln entlangläuft. Carnicelli bemerkte zu diesem Bild: „Sein Blick, seine Art sich zu kleiden, sein Gang verraten mir alles über diesen Mann." Im Frühjahr 1965 kurz vor Carnicellis Ankunft in den USA war der schwarze Bürgerrechtler Malcom-X erschossen worden.
Mit seinem Bild „Entrepreneurs“ dokumentierte er in New York 1966 aber auch einen gleichzeitig möglichen Rollentausch: zwei elegant in Anzügen gekleidete „schwarze“ Geschäftsleute bei einem gemütlichen Plausch, während im Hintergrund sich „weiße“ Arbeiter abrackern. „Das Foto versinnbildlicht für mich das damals vorherrschende Klima im Land. Alles schien möglich.“
Ein anderes Foto bildet ein sich küssendes junges weißes Pärchen ab, ein daneben sitzender, eigentlich Zeitung lesender dunkelhäutiger Mann und ein anderer älterer im Rollstuhl sitzender Mann beobachten das Pärchen dabei. Gleichzeitig offenbaren sie sich dabei im mehrfachen Sinne als Außenstehende dieser Szene (S. 110/111). „Die Menschen wirkten einerseits so frei, andererseits so unendlich einsam, sagte Carnicelli in einem Interview.
Weitere Bilder kontrastieren bei einer wirren Doppel-Kundgebung Menschen gegen den Vietnamkrieg demonstrierend (Seite 65 und 65) mit anderen Seite an Seite stehenden, aber jeweils in eine andere Richtung schauend, diese in Fantasieuniformen gekleidet und Hakenkreuzfahnen hochhaltend (S. 66 und 67); alle Bilder Dallas 1967.
Carnicelli praktizierte Street-Photography, seine Fotos zeigen das öffentliche Leben zu dieser Zeit und somit dem heutigen Betrachter schon vergessene Szenen:
Öffentliche, enge Münzfernsprecher am Flughafen Chicago 1966, in einem Zeitalter ohne Mobilfunk und besetzt mit darin Zigarette rauchenden Menschen (Seite 19), auf der Straße schlange-stehende Arbeitslose vor einem Jobcenter, Chicago 1966 (S. 28/29); einen 60er-Jahre „Hippie“ als Zeitungsverkäufer in San Francisco 1967 (S. 84). Sowohl die Hippies, Telefonzellen, in Flughäfen rauchende Menschen, als auch die Nachrichten auf Papier an sich erscheinen heutzutage fast ausgestorben zu sein.
Die Fotos selbst haben wegen der oft verwandten Mamiya-Universal-6x9 - Mittelformat-Kamera und des damaligen Filmmaterials einen ganz eigenen Charme. Weiches Hintergrund-Bokeh vereint mit nostalgischen Pastell-Farben.
Bei den Schwarz-Weiß-Bildern dominieren gezielt eingesetzte Elemente wie Linien oder grafische Einrahmungen. Carnicelli meinte zwar, er würde seine Fotos nicht komponieren, seine Bilder zeigen aber starke harmonische Farbkontraste wie das Titelbild des Schutzumschlags (Blau-Rot-Gelb; Fashion Students, New York 1966), eine Straßenszene dominierend in Rot-Blau-Rot (Red Lights, Chicago 1966, S. 45) oder seine allgemeine Vorliebe für blaue oder rote Farbtöne (Red Door, Stanford 1966, S. 89). Zudem sind viele sozialkritische Bilder etwas weniger stark belichtet und zeigen einen düsteren Tenor mit bunten Farben als Eye-Catcher.
Farben sind für das menschliche Auge genauso wichtige Gestaltungselemente wie Helligkeit, Kontraste, Linien und Formen. Rot und Gelb im Foto ziehen den Blick an, verleihen einem Bild Energie und Begeisterung, Blautöne assoziieren Trauer und Einsamkeit. Ein Farbkontrast kann Harmonie oder Anspannung selbst bei statischen Motiven auslösen, je nachdem wie die Farben gewählt wurden.
Die Bilder seiner ersten Reise stellte er schon direkt im Anschluss in Mailänder Pirelli-Tower unter dem Titel „I’m sorry, America!“ aus.
Als entschuldige er sich mit diesem Titel für seinen persönlichen Blick auf Amerika als Außenseiter. Carnicelli hatte den Anspruch das wirkliche Amerika, den einfachen Menschen und das dortige Tagesgeschehen abzulichten. „Es tut mir leid“ erklärte der heute 80-Jährige, „aber so habe ich das Land eben gesehen. Ich hatte mir den amerikanischen Traum toller vorgestellt.“
In den Jahren danach folgten 1967 und 1969 weitere Reisen dieser Art. Später in den frühen Siebzigern gab er die eigene Fotografie auf und widmete sich ganz dem Betrieb eines eigenen Fotoladens in Florenz, er handelte nur noch mit Fotogerätschaften.
Erst als er sein Geschäft im Jahr 2010 schloss, wurden seine Tausende Negative nach 50 Jahren achtlos im Keller lagernd, erstmals für die Öffentlichkeit wiederentdeckt. Seine deutsche Mitarbeiterin Bärbel Reinhard sichtete diese teilweise vom Hochwasser verklebten, verschimmelten Bilder und scannte die Aufnahmen ein. Heute ist sie die Kuratorin des Carnicelli-Archivs.
Nach Sichtung aller Bilder wurden im Jahr 2018 über 150 Farb- und S/W-Fotos für eine Ausstellung von Mario Carnicellis Arbeiten in der David Hill Gallery in Ladbroke Grove, London, ausgewählt. Dieses Buch ist gleichzeitig der begleitende Katalog zur Ausstellung, es erschien im britischen Reel Art Press Verlag mit rund 160 Seiten.
Ich finde, dass dieses Buch einen grandiosen Einblick in den USA-Alltag der Sechziger gibt.
Dabei zeigt es aus der Perspektive eines Außenseiters karge, aber stimmungsvolle Motive, die verschiedenste Unterschiede offenbaren. So wie er auf einem Bild direkt nach seiner ersten Ankunft noch etwas unsicher mit seiner Kamera in der Hand selbst porträtiert wird (S. 9), bildet Carnicelli vergleichbar mit der authentischen Street-Art-Fotografie einer Vivian Maier die Gesellschaft dieser Zeit ungeschönt ab.
Beide sind an den abgebildeten Personen interessiert und denken bei der Aufnahme weniger an ein späteres Publikum.
Bei beiden geht das fotografische Werk über einen langen Zeitraum für die Öffentlichkeit verloren und taucht erst später mehr durch Zufall wieder auf.
Das Buch ist auch ein Appell an die Gegenwart, diese ebenso detailliert und kritisch festzuhalten. Das was wir heute als alltäglich und normal empfinden, könnte für nachfolgende Generationen einen ähnlichen Reiz ausüben. So wie enge Telefonzellen mit Klappsitzen im heutigen Mobilfunkzeitalter fast nicht mehr vorstellbar sind, stellt man bei genauerer Überlegung fest, dass dieses digitale Wunder erst Ende der Achtziger bzw. Anfang der 90er mit dem D-Netz flächendeckend möglich wurde.
In zwanzig weiteren Jahren wird die nachfolgende Generation andere Wunder erleben und mit unseren Fotos über unseren heutigen Alltag schmunzeln.
Dieses schön gemachte Hardcover Buch mit Schutzumschlag und seine Einblicke sind ein toller Gegenwert für den Kaufpreis von rund 27 Euro.
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Das Buch New York Girls* in der Erstauflage aus dem Jahr 1997 beinhaltet mehr als 180 Schwarz-Weiß und Farbfotos des berüchtigten New Yorker Fotografen und Filmemachers Richard Kern.
Zu der Zeit als Richard Kern, Jahrgang 1954, in einem baptistischen Umfeld der USA heranwuchs, war Nacktheit in der Öffentlichkeit noch äußerst tabu.
Mit einer Per-Anhalter-Reise im Jahr 1971 begann als Schüler sein Interesse an Aktsachen.
Er wurde von einem Wagen mitgenommen, der mit jungen New Yorker - Glam-Girls besetzt war, die ihm als Hinterwäldler aus North Carolina mit ihrer Optik und ihren Erzählungen von Rockstars, Sex und Rock ’n’ Roll nachdrücklich beeindruckten.
1977 schließt er sein Studium als Bachelor of Fine Arts an der University of North Carolina at Chapel Hill ab und zieht daraufhin nach New York, wo er bis heute lebt und arbeitet. In New York landet er im East Village, das auch die Künstler- und Drogenszene anzog und als Schmelztiegel der 1990er Jahre gilt.
In New York angekommen wird ihm schnell klar, dass das Thema Nacktheit und Gewalt öffentliche Aufmerksamkeit erregt, der einfachste Weg ist, um persönliche Aufmerksamkeit zu erregen. Die Arbeit mit diesen Themen einen gesellschaftlichen Schlüsselreiz ausüben kann.
Bei Kerns Bildern handelt es sich nicht um Fetischfotografie, der Abbildung spezieller Themen.
In den 1980er Jahren dreht er einige Kurzfilme experimentellen und erotischen Inhalts. In ihnen wirken Szenegrößen und Musiker wie Lydia Lunch oder Henry Rollins mit und Kern wird einer der Hauptakteure des dortigen Undergroundfilms, des Cinema of Transgression.
Der Inhalt dreht sich rund um Sex, Gewalt und BDSM, die explizite Darstellung und diese Dinge tatsächlich zu tun. Als sein Meisterwerk wird „Fingered“ aus dem Jahr 1988 immer wieder zitiert. So sagt John Waters über diesen Film: es „ist der ultimative Film für Psychopathen. Er ist der Hillbilly-Punk-Kunst-Pornofilm der Welt; ich zeige ihn dem Publikum immer spätnachts, um die Leute glücklich zu machen.“
Als Fotograf lernt er „seine“ New York Girls dort im direkten Umfeld des Nachtlebens kennen.
Alle Fotos dieses Bildbandes sind zwischen den Jahren 1979 und 1987 in seinem privaten Appartement-Studio in New York entstanden, welches als Durchgangswohnung aus privatem Wohnbereich, Fotostudio und Dunkelkammer bestand.
Richard Kern sagte zu seinem ersten Buch: „Dieses Buch zeigt, wo ich die letzten 15 Jahre gewesen bin.
Die Models sind das, was ich unter New York Girls verstehe. Sie haben alle irgendwann einmal in Manhattan gelebt, angezogen von dem Lifestyle und der Sehnsucht nach Abenteuer.“
Dabei versucht er mit einer objektiven, sachlichen Herangehensweise die Absurdität seiner Zeit zu porträtieren.
Bei diesem Buch handelt es sich um die originale Erstausgabe von 1997.
Zum damaligen Zeitpunkt stellte der Inhalt eine absolute Grenzüberschreitung dar, die selbst den damaligen Richard Kern - Fans zu stark war: Nacktheit so explizit und provokativ zu zeigen.
Einige eigentlich zur Veröffentlichung vorgesehene Fotos wurden daher gar nicht in diesem Buch publiziert und tauchen erstmalig zwanzig Jahre später in der zweiten Auflage "New YorkGirls - 20th anniversary" auf.
Heute wirken die Bilder auf mich wie aus einer anderen Zeit.
Weder besonders kreativ ausgeleuchtet, noch besonders visionär oder außergewöhnlich pornografisch.
Die Skandalwirkung hat sich durch den aktuellen Zeitgeist deutlich abgeflacht und das Buch erscheint wie ein Konglomerat alter Magazinfotos aus dieser Zeit, eher wie eine Geschichtsstunde.
Insgesamt erinnert es mich an die Themen des japanischen Fotografen Nobuyoshi Araki: Nachtleben, nackte Haut und Bondage.
Dessen Werke aus dieser Zeit wirken auf mich heutzutage aber noch deutlich frischer und geheimnisvoller als die hier gezeigten Fotos.
* Als Affiliate-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen. Amazon und das Amazon-Logo sind Warenzeichen von Amazon.com, Inc. oder eines seiner verbundenen Unternehmen; Link: weitere Infos dazu
Schon das Vorwort des Buchs Stefan Forster - Chasing Light*, von keinem Geringen als dem international anerkannten Landschaftsfotografen Art Wolfe, verspricht viel:
Dieser schreibt, dass er sich ein wenig selbst in dieser fotografischen Arbeit sieht, zu einer Zeit, als er noch ein jüngerer Fotograf war.
Die Locations
Die in diesem Buch abgebildeten Fotos zeigen weltweite Orte und Destinationen, eine Übersichtskarte findet sich hinten im Band. Stefan Forster stellt im Buch auch die Bilder seiner letzten 44 Reisen nach Island vor und zeigt dabei nur die besten Fotos. Die Bilder, die die Location im besten, im spektakulärsten Licht zeigen.
Für den einen Leser mögen diese spektakulären Bilder stark bearbeitet aussehen, der andere besucht selbst die Locations und meint, dass es dort gar nicht so aussähe.
Der Erfolg von Stefan Forster hat mit Ausdauer zu tun, weswegen Art Wolfe im Vorwort auch von harter Arbeit spricht. „Dazu gehört auch ein immenses Maß an Zeit. Zeit, um den Ort zu erkunden, Zeit mehrmals an den bestimmten Ort zu fahren, Zeit auf das richtige Licht zu warten“, wie Forster selbst schreibt.
Wer sich schon mal selbst mit der Landschaftsfotografie beschäftigt hat, weiß, dass solches Licht nur ganz kurz am frühen Morgen zum Sonnenaufgang oder zum Sonnenuntergang für einige Minuten herrscht und das auch nicht jeden Tag. Die meisten Fotografen haben gar nicht die Geduld so lange auszuharren oder sitzen schlicht im Hotel beim Frühstück und kennen dann diesen Anblick nicht.
Stefan Forster fotografiert zum Zeitpunkt des Jahres 2019 nach eigener Aussage seit 15 Jahren. In diesem Zeitraum sind von ihm ca. 550.000 Fotos aufgenommen worden, von denen nur rund 3000 veröffentlicht wurden.
Der Bildstil
Spannend finde ich auch, dass dieser Fotograf sich selbst verpflichtet, ohne Bildmanipulation zu arbeiten.
Das heißt, er nutzt nicht die bei anderen Landschaftsfotografen beliebte Composing-Technik, bei der in eine Landschaft einfach ein ansprechenderer Himmel hinein komponiert, schlicht mittels Bildbearbeitung kopiert, wird. Stefan Forster arbeitet ausschließlich mittels Einzelaufnahmen in diesem Buch; kein Composing, kein Blending, kein HDR.
Selbstverständlich sind seine Bilder, die als unfertige RAW-Fotos aus der Kamera kommen, entsprechend in der Bildbearbeitung entwickelt. Es können z.B. die Helligkeitswerte innerhalb des Bildes angepasst sein. Eine Fotokamera ist nicht in der Lage, mit nur einem Bild den gleichen Belichtungsumfang wie das menschliche Auge abzubilden.
Nicht anderes hat man seit jeher von Beginn an in der analogen Dunkelkammer gemacht. Wer mal die Gelegenheit hat, Negative von Ansel Adams mit seinen finalen Dunkelkammerabzügen zu vergleichen, wird diese Arbeitsweise dort in Perfektion entdecken. Die Begrifflichkeiten des Abwedelns und Nachbelichtens gibt es seit der analogen Dunkelkammerzeit und entspringt dem legitimen Wunsch, auf seinen Bildern das vor Ort gesehene sichtbar zu machen.
Das hat jedoch nichts mit einer farblichen oder inhaltlichen Veränderung oder gar Verfälschung von Bildern zu tun. Forster hat sich verpflichtet, niemals die Farben zu verfälschen oder Mehrfachbelichtungen zu machen. Eine große Bearbeitung der Dynamik oder Sättigung im Foto wird man nicht finden.
Die Vorbereitungen
Stefan Forster versucht immer, als einer der ersten der weltweiten Landschaftsfotografen einen neuen Blickwinkel einzunehmen und fotografisch umzusetzen.
Er sagt über sich selbst in einem Interview: „Ich jage das Licht, … es ist eine Art Sucht. Nicht die Fotografie selbst, sondern das Finden dieser Landschaften in diesem speziellen Licht, wo es sich überhaupt lohnt diese Landschaft zu fotografieren. Ich sammle spezielle Lichtsituationen, … will seltene Momente und Augenblicke einfangen.“
Egal ob er dazu als erster Fotograf eine große professionelle Drohne einsetzen oder persönliche Risiken auf sich nehmen muss, um an ganz andere Standorte für veränderte Sichtwinkel und Perspektiven zu kommen. Forster ist an einzigartigen Fotos interessiert, dies erkennt man auch, wenn man ganz genau hinschaut. Öfters steht er auf einem Berggipfel rechts oder links von den bekannten Mainstream-Spots, um ein solches Bild zu bekommen.
Wie begibt er sich auf die Jagd nach dem Licht, um diese perfekten Momente abzupassen?
Stefan Forster googelt nach eigener Aussage vor einer Reise in eine ihm unbekannte Umgebung immer nach der „besten Reisezeit … , das beste Wetter“ für eine Reise. Um genau dann nicht dorthin zu reisen; er möchte nicht das beste Wetter, er möchte das interessanteste Wetter vor Ort antreffen. Dazu reist er zur Sturmsaison, wenn eine Schlechtwetterfront angekündigt ist.“
Fotos ohne Wolken sind für Stefan Forster langweilig und solche wird man von ihm nicht finden, da er diese dann nicht publiziert.
Am schönsten ist für ihn meteorologisch gesehen das Wetter immer vor oder nach Schlechtwetterfront.
Das nennt man ein „Rückseitenwetter“, dann ist der Himmel klar und es gibt gleichzeitig sehr spektakuläre Wolken zu beobachten.
In diesem großformatigen Highlight aus dem teNeues Verlag sind fantastische Bilder von fantastischen Expeditionen enthalten. Dabei sind weltweite Orte und Landschaften zu entdecken, die man als Fotograf vermutlich nie selbst erreichen oder in diesem Licht sehen wird, weil die (Wetter-) Gelegenheit dazu fehlt.
Die persönlichen Mühen dafür vom Fotografen erscheinen mir genauso spektakulär wie seine Fotos – sehr sehenswert, wie ich finde!
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Vincent Peters, Jahrgang 1969, ist geborener Bremer und als junger Mann nach New York gegangen, um dort das Handwerk der Fotografie zu lernen.
Nach seiner Rückkehr nach Europa arbeitete er erst für Kunstgalerien, bis er 1999 als Modefotograf bei der Agentur von Giovanni Testino einstieg. Innerhalb kürzester Zeit wurden seine Fotos für Kampagnen der weltweiten Marken wie Bottega Veneta, Dior, Emporio Armani, Hugo Boss, La Perla, Louis Vuitton, Yves Saint Laurent, und viele andere verwandt.
Seine Bilder erschienen ab diesem Zeitpunkt in allen internationalen Magazinen von Rang und Namen und die Liste der von ihm porträtierten Stars scheint unendlich lang zu sein.
Der fotografische Stil
Mittlerweile unterliegt er als Star-Fotograf auch den Zwängen seiner Auftraggeber, die zwar seine Art der Fotografie kennen würden, ihn aber trotzdem nötigen, digital zu fotografieren.
Von der technischen Seite her gesehen mag Vincent Peters es eigentlich lieber analog, meistens ganz klassisch Schwarz-Weiß, mit feinem Korn, setzt das Licht als Dramaturgie ein und verändert dadurch das Modell und den Bildausdruck.
Am liebsten nutzt er bis heute seine erste Kamera, eine analoge Mittelformat - Kamera, die Mamiya RZ mit nur einem 110 mm - Objektiv. Digital sei ihm zu scharf in der Abbildung, würde ihm viel Atmosphäre nehmen. Seine Bilder leben von der räumlichen Atmosphäre, Bilder vor einer weißen Wand könne man von ihm nicht erwarten.
Peters fotografiert sehr viel mit Dauerlicht, was man seinen Bildern auch ansieht. Gerade die oftmals von ihm eingesetzten ARRI – Scheinwerfer geben seinen Bildern den typischen Mode - Look.
Kreativität bedeutet bei ihm, anders als viele andere Fotografen, dass er ohne große Anweisungen an das Modell arbeitet, seiner inneren Intuition Raum lässt und gerne improvisiert.
Anlässlich der Eröffnung der Ausstellung zu seinem neusten Buch „Personal“, sagte der international erfolgreiche Star - Fotograf humoristisch in einem Interview:
„Man hat einen gewissen Geschmack, das kommt auch von innen. Man ist, was man ist, man kann nicht aus seiner Haut, aber man kann das kultivieren. Daraus entsteht das eigene Bild und irgendwann nennt man das den eigenen Stil“.
Was ist nun der eigene, der persönliche, Stil von Vincent Peters?
Es würde nicht einen Stil geben, so wie es nicht eine Sicht von einer Person geben würde.
„Ist die Person, die ich fotografiere, wirklich die Person, die sie sein will? Hat die Person die gleiche Idee von sich selber, die ich von ihr als Fotograf habe? Es gibt die Version der Person, wie sie öffentlich bekannt ist, es gibt die Version, wie sie wirklich ist, es gibt die Version des Fotografen, … da kommt viel zusammen“.
Das Foto entsteht bei Peters im Bauch, nicht im Kopf. Dieses innere Bedürfnis lässt bei ihm ein Bild entstehen, und zur richtigen Zeit hält er es nur noch mittels des Auslösers fest.
Sein zweites Buch: "Personal"
Dieses Buch Vincent Peters - Personal* ist sein zweiter Bildband und beinhaltet eine Zusammenstellung seiner persönlichen Arbeiten, bei denen er ohne Auftrag und ohne äußere Zwänge arbeiten konnte.
Herausgekommen ist ein Bildband, der ausschließlich dem weiblichen Geschlecht gewidmet ist und durchgehend klassische und einfühlsame Porträts zeigt.
Es werden im Großformat 235 Duplex-Aufnahmen und 15 Farb-Fotografien gezeigt. Unter ihnen sind wieder viele Stars zu entdecken, Penélope Cruz, Linda Evangelista und Irina Shayk sind nur einige seiner Lieblingssujets. Diese Bilder sind aber nach eigentlich anderen werblichen Fotostrecken entstanden. Es handelt sich um überwiegend bislang unveröffentlichte Aufnahmen, die nach Modestrecken zu persönlichen Zwecken und teilweise als Aktaufnahmen angefertigt wurden.
„Ich habe vor einiger Zeit angefangen, nach Shootings noch ein paar zusätzliche Aufnahmen zu machen, nur für mich und das Model. Ich kann dann einfach freier arbeiten, als wenn dreißig Leute um mich herum stehen, die alle mitreden wollen. Die meisten Fotos der Ausstellung sind auf diese Weise entstanden“, verriet er in einem FAZ-Interview.
Viele dieser Fotos wirken als Standbilder einem Film Noir der 50er Jahre entsprungen, die Modelle posieren im Ballettkleid oder teilweise nackt und verletzlich.
„Ich bin zwar beeindruckt von der Hochkultur des Lichts im Film der dreißiger bis hin zu den Fünfzigerjahren, etwa in „Der Dritte Mann“ oder „Blonde Venus“. Und mir geht es darum, Gefühl zu übertragen und eine gewisse Dramatik zu erzeugen, und das geschieht mit Hilfe des Lichts. Aber viel wichtiger als alle technischen Aspekte ist die Art und Weise, wie ein Modefotograf die Frau sieht. – Bei Ellen von Unwerth zum Beispiel wirkt sie lebenslustig, verführerisch, überdreht. Peter Lindbergh zeigt eher die emotionale und melancholische Seite. Jürgen Teller feiert das Atypische. Steven Meisel arbeitet Androgynität heraus. Die Frau, die ich suche, ist gefühlvoll, nachdenklich, sie trägt vielleicht einen Konflikt mit sich aus. Ich glaube, es steckt viel von Romy Schneider in ihr“, fasst er im gleichen Interview zusammen.
Peters beschreibt diesen Band selbst, als einen Versuch seine Ehe wieder aufzufrischen; er meint seine Beziehung zur Fotografie.
„Da war mal etwas, was das sehr gut war; wir haben uns mal sehr gemocht. Welche Bilder habe ich sehr gemocht, ohne dass ich von außen beeinflusst wurde? Was sind die Bilder, die ich wirklich machen möchte? Ich wollte eine Bestandsaufnahme machen; wo komme ich her, so gut bin ich und wohin kann ich mich noch entwickeln?
Das Buch heißt Personal, weil es für mich selbst ist, so wie ich alle Bilder für mich selber mache“.
Sein Kreativ-Tipp
Sein Tipp für Fotografen, die sich weiterentwickeln möchten:
„Sturheit ist wichtig; Augen zu! Und was siehst Du dann für Bilder, die Du nicht siehst? Geh nach innen und denke nicht an Technik. Ein gutes Bild hat Empathie und die hat es nur, wenn das Bild das ausdrückt, was Du fühlst. Denke darüber nach, was Du fühlst, und diese Gefühle muss man in der Folge technisch umsetzen. … Es geht um eine Sinnlichkeit, die ich vermitteln möchte. Und dieses Gefühl muss den anderen erreichen!“
Mit minimalen Mitteln entstehen hier zeitlose, aber dramatische Porträts, die Raum für die Fantasie des Betrachters lassen. Intim, romantisch, voyeuristisch und glamourös zugleich. Der Betrachter sieht die schönsten Modelle von einer unerwarteten Seite.
Peters deutet mit leisen Tönen viel an und baut Spannung durch Lichtabfall und Verstecken auf. Auf mich wirken seine Bilder mit den dezent ausgeschmückten weiblichen Modellen sehr feinfühlig und sinnlich in einer Zeit der digitalen Schärfe. Sie sind subtil und zwischenzeilig, aber mitteilend, wenn man in ihnen lesen möchte.
Wer den eigentlichen Vincent Peters kennenlernen möchte, besucht eine seiner Ausstellungen oder schaut sich diesen wirklich großformatigen und hochqualitativen Band im vorzüglichen Stil an.
Dieses Buch ist erstklassig gedruckt auf ebensolchem Papier. Ein Band zum Verlieben, daher finde ich den Preis von knapp Euro 100 angemessen.
Für mich ein unglaubliches Buch. Vincent Peters ist für mich ein großer Meister des Lichts ähnlich wie Bruce Weber. Man kann unglaublich viel Inspiration aus diesem Buch schöpfen. Mich erreicht dieses Buch; großes Gedanken - Kino.
Wer sich mehr für Vincent Peters werbliche Modefotografie interessiert, sei sein erster Bildband empfohlen. Er ist anders, aber ebenfalls großartig. Große bekannte Namen, sehr plakativ inszenierte Porträts für eigentlich alle große Namen der Werbefotografie:
Vincent Peters - The Light Between Us – Virtuose klassische Porträts
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Die Entstehungsgeschichte zu dem Buch York Hovest - Hundert Tage Tibet* ist schon genauso interessant wie der fotografische Entwicklungsweg dieses Fotografen.
York Hovest hat sich von einem Werbe- bzw. Modefotografen zum Outdoor-Fotografen und investigativen Journalisten mit sozialer Mission entwickelt. „Die ungewöhnlichsten Momente führen uns manchmal auf Wege, die wir niemals von allein gefunden hätten.“ Nicht nur bei diesem Projekt, sondern auch bei seinen nachfolgenden. Es ist spannend, diese zu verfolgen und im Internet zu recherchieren.
Hier soll es jetzt nur um das Buch "Hundert Tage Tibet" gehen und ich finde es – um es vorwegzunehmen – absolut klasse.
Die Fotos meines Exemplars sind kurz nach dem Kauf gemacht, da es aber bei mir offen auslag, hat der Umschlag schon in kürzester Zeit einige Macken und Kratzer bekommen. Und dies nur, weil das Cover schon reizvoll ist und der Band gerne in die Hand genommen wird.
York Hovest trifft im Jahr 2011 den Dalai Lama auf dessen Deutschlandreise.
Beeindruckt von diesem Treffen, gibt er ihm das Versprechen, dessen Heimatland Tibet zu porträtieren. Nach einer Vorbereitungszeit von einem Jahr bereist der Fotograf Hovest mehr oder weniger als Individualreisender Nepal, Nord-, West-, Süd und Zentral-Tibet für einhundert Tage. Dies ist insofern ungewöhnlich, als dass dort normalerweise nur Gruppenreisen erlaubt sind und man Hilfe von den Tibetern vor Ort benötigt, um eine solche Reise erfolgreich durchzuführen.
Er kommt begeistert zurück mit tiefen Eindrücken für das Land und deren gastfreundliche Menschen. Und als professioneller Fotograf hat er ebensolche Fotos im Gepäck.
Dieser Bildband bietet einige Texte, die Einblicke in den Reiseverlauf und Hovests Eindrücke gewähren. Seine Bilder transportieren eine einzigartige ästhetische Spannung, die dieses einzige Land und deren Bewohner sehr gut trifft. Jede Fotografie ist per se rein subjektiv. Schon das, was man abbildet oder halt nicht, ist ein Statement.
Man sieht auf der einen Seite die exotischen Gebäude und Landschaften, die optisch andersartige Kultur und Kleidung. York Hovest schafft es aber auch, die klimatische Ausgesetztheit, die politischen und religiösen Spannungen abzubilden, ohne dass man auf jedem Bild Soldaten sehen muss.
Die teilweise eher düsteren Schwarz-Weißbilder der atemberaubenden Landschaft und Architektur zeigen im Kontrast die herzliche Mimik und Offenheit der Tibeter oder einen sonst kaum fotografierten wolkenlosen Mount Everest.
Der Dalai Lama schrieb auch das Vorwort zu diesem Buch, hofft in diesem, dass der Leser eine Vorstellung der reichen und alten Kultur Tibets bekommen möge, „zu deren natürlichem Erbe Gewalt und Mitgefühl zählen“.
Ich finde, es handelt sich um ein sehr spannendes Buch. Wer eine Sozialkritik lesen möchte, ist hier falsch. Dieses Buch ist ein emotionales Statement, es spricht einen ästhetisch an und weckt das Interesse, sich dort selbst hinzubegeben.
Dies ist ein Bildband mit atemberaubenden Bildern über die Schönheit Tibets, seine einmalige Landschaft und seine ursprünglichen Bewohner.
Mal ganz ehrlich, was wäre eine bessere Werbung für Tibet, als viele Touristen, die nicht Bergsteiger sind. Dafür aber unabhängige Besucher und an Land und Kultur interessierte Zeitzeugen.
Gut gemacht, vielen Dank für dieses Buch!
Die gebundene Ausgabe von 2014 ist mittlerweile nur noch gebraucht erhältlich. Es wurde jedoch eine etwas günstigere Paperback-Auflage im Jahr 2017 veröffentlicht, auf die ich verlinke.
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von Vasco R. Tintrup, Herausgeber:
Ihr interessiert Euch für das Thema der Fotografie und Ihr mögt gleichzeitig Bücher?
Herzlich willkommen und viel Freude beim Rundgang durch meine Fotobuch - Bibliothek!
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